Ein Anruf bei...:Victoria Enemark

Lesezeit: 2 min

(Foto: N/A)

Die Mutter der 20-Jährigen betreibt ein gut gehendes Cupcake-Cafe in der Nähe von Boston. Nun will sie aufhören - und den Laden verschenken. Bewerber müssen Fantasie haben - und einen Essay über Kuchen schreiben.

interview Von Laura Hertreiter

Wer schon immer mal einen Cupcake-Laden in Massachusetts haben wollte, sollte jetzt zu Stift und Papier greifen. Denn Victoria Enemark und ihre Mutter verschenken ihr Familiencafé in Kingston in der Nähe von Cape Cod an denjenigen, der den schönsten Essay über Kuchen schreibt.

SZ: Keinen Bock mehr auf Cupcakes?

Victoria Enemark: Ach was, wir lieben Cupcakes! Aber meine Ma ist im Rentenalter und arbeitet 18 Stunden am Tag. Sie würde das Backen gerne jemand Jüngerem überlassen.

Warum nicht Ihnen?

Mir? Du liebe Zeit. Ich bin Studentin. Auch wenn es in der Konditorei so viel zu tun gibt, dass ich das vor lauter Aushelfen selbst manchmal vergesse. Ich kann unseren berühmten Thai-Eistee zubereiten - aber backen kann ich leider nicht so gut. Und meine Mutter möchte den Laden nur an jemanden abgeben, der wirklich ein Herz für Kuchen hat. Deshalb hatte sie die Idee mit dem Essay-Wettbewerb.

Warum lassen Sie die Bewerber schreiben statt backen?

Wir hoffen, aus den Texten herauszulesen, wer unser "Sweets Coffee" so lieben würde wie meine Mutter.

Klingt nach alter Liebe. Wie lange führt Ihre Mutter den Laden denn schon?

Nun ja, fünf Jahre erst. Sie hat ihn übernommen, als meine Schwester und ich aus dem Haus waren. Eine eigene kleine Konditorei zu betreiben, war immer schon ihr Lebenstraum.

Und den schenkt sie jetzt einem Unbekannten? Klingt, als hätte die Sache einen Haken.

Nein, nein. Meine Mutter hat einfach gemerkt, dass ihr diese Selbständigkeit in ihrem Alter zu viel wird. Aber keine Sorge. Der neue Besitzer wird einen schuldenfreien, gut gehenden Laden bekommen. Dafür sorgen wir schon.

Wie denn?

Das Café läuft prima, unsere Törtchen sind in der Gegend der Renner. Und damit finanziell alles absolut wasserdicht ist, muss jeder, der an unserem Essay-Wettbewerb teilnimmt, eine Gebühr von 150 Dollar bezahlen. Das Geld verwenden wir, um vor dem Verschenken alle Kosten zu decken.

Hoffentlich haben Sie das auch ordentlich durchkalkuliert. Wie viele Essays wurden denn bisher eingereicht?

Seit vergangener Woche eine Handvoll Texte. Aber bis zum Einsendeschluss im Oktober rechnen wir mit mehreren Tausend.

Und wer soll die alle bewerten?

Die Jury-Mitglieder halten wir anonym, damit keine Bestechlichkeit entsteht. Das sind aber eher Experten für Texte als fürs Backen.

Glauben Sie, Ihrer Mutter wird der Abschied vom Cupcake-Café nach fünf Jahren dann leicht fallen?

Sagen wir mal so: Sie wird nicht über alle Berge sein. Ich glaube, sie wird ihrem Nachfolger mit Rat und Tat zur Seite stehen.

© SZ vom 16.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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