Ein Anruf bei . . .:Kjetil Bentsen, der in Norwegen den "Trollpikken" wieder aufrichten lässt

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Die Felsformation, die auf Deutsch Trollpenis heißt, ist über Nacht abgebrochen. Nun bangen die Norweger um ihre Selfie-Touristen.

Von Lina Paulitsch

Unbekannte haben in Norwegen eine Felsspitze entfernt, deren Name "Trollpikken" die ungewöhnliche Form beschreibt. Spaziergänger bemerkten das Verschwinden der Spitze an einer Felswand in Egersund im Südwesten des Landes, den Trollpikken fanden sie auf der Erde. Bohrlöcher wiesen darauf hin, dass der eigenwillige Felsvorsprung mutwillig abgeschnitten wurde. Die Polizei leitete Ermittlungen ein. Eine Sammelaktion soll helfen, den Fels wieder aufzurichten. Ein Gespräch mit Spendensammler Kjetil Bentsen.

SZ: Herr Bentsen, für alle, die nicht Norwegisch sprechen: Trollpikken, was heißt das eigentlich?

Kjetil Bentsen: Der Trollpikken ist eine Felsformation, die erst vor einigen Jahren in den Bergen von Südnorwegen entdeckt wurde. Sie stammt aus der Eiszeit und ist ungefähr 10 000 Jahre alt. Und ja, also . . . sie sieht eben aus wie ein Penis.

Ein Penis.

Ja. Ein gigantischer Penis, ein erigierter Penis. Deshalb sprechen wir hier ja vom Trollpenis.

Vorher: Die norwegische Felsformation "Trollpikken" in voller Pracht.

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(Foto: Carina Johansen/AFP)

Nachher: Unbekannte haben den Steinvorsprung einfach abgeschlagen.

Ich verstehe. Doch warum wird dieser Penis denn ausgerechnet einem Troll zugesprochen?

Der Troll spielt als Kreatur eine große Rolle in der nordischen Mythologie. Außerdem gibt es ja schon die "Trollzunge", ein Felsvorsprung in Zungenform, das ist eine große Touristenattraktion in Norwegen. Da dachten wir im Südwesten des Landes: Machen wir halt mal was mit einem Troll-Penis. Touristisch und so.

Ja, gut. Aber welcher Tourist reist eigens zum Beispiel aus Deutschland an, nur um einen Troll . . .?

Der Fels sieht doch auch ganz unabhängig von so einer Deutung spektakulär aus! Wissen Sie, in Zeiten des Selfies finden die Leute es eben witzig, ein Foto von sich neben so etwas zu haben. Wir brauchen mehr Arbeitsplätze in der Gegend, da haben andere Einheimische und ich das Tourismus-Potenzial des Trollpenis erkannt. Mehr als eine Social-Media-Seite hat es auch gar nicht gebraucht, aus ganz Norwegen sind in den letzten Wochen Menschen zu uns geströmt. Bis zu dieser Samstagnacht.

Was ist denn am Samstag passiert?

Jemand hat ihn abgeschnitten. Jemand hat unseren acht bis zehn Tonnen schweren Fels einfach abgeschnitten.

Das ist ja furchtbar. Ist er nicht vielleicht einfach abgefallen?

Nein, nein. Man kann ja Löcher sehen. Es wurde eindeutig mit einem großen Werkzeug in den Stein gebohrt. Sie haben ihn einfach kaputtgemacht.

Wer macht denn so was? Womöglich eine konzertierte Aktion gegen das Patriachat? Oder eher sexuelle Prüderie?

Das ist schwer zu sagen. Wirklich schwer. Und ich möchte auch niemanden verdächtigen. Wissen Sie: Es gibt sehr viele Bezeichnungen in der norwegischen Natur, die sexuellen Inhalt haben. Da kann ich mir kaum vorstellen, dass jemand etwas gegen einen Trollpenis haben sollte. Meine Nachbarin zum Beispiel, eine schon ältere gepflegte Dame, findet den Namen sehr nett und begrüßt das Tourismusprojekt.

Jetzt haben Sie eine Kampagne für den Wiederaufbau der Felsformation gestartet. Kommt da viel Unterstützung von der Bevölkerung?

Ja, sehr viel, bis jetzt haben wir 17 000 Euro gesammelt, über tausend Menschen haben schon gespendet. Ich habe mit einem Geologen gesprochen, der meinte, dass man den Trollpenis wieder aufrichten kann. Er wird an die Felswand geklebt.

Das könnte aber Probleme mit der Schwerkraft geben.

Nein, nein. Das geht schon. Mit Stahlträgern, einem Kran und Superkleber wird er schon bald wieder nach oben zeigen. Hoffentlich.

© SZ vom 27.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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