Ein Anruf bei ...:Emma Willett, Sternbild-Entdeckerin

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Großer Wagen, Kleiner Bär, Orion: Neben den klassischen Sternbildern kann man am Nachthimmel neuerdings auch die Konstellationen Paddington, Serena und Peake entdecken. Was steckt dahinter?

Interview von Thilo Adam

Welcher Jugendliche erkennt heute noch den Großen Wagen, den Kleinen Bären oder Orion? Das hat sich die Astronomical Society der Universität Birmingham gefragt. Gemeinsam mit den Organisatoren des Naturwissenschaftsfestivals "Big Bang Fair" haben die Studenten um Emma Willett nun acht neue Sternbilder vorgestellt. Damit wollen sie Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Sport und Unterhaltung ehren - und Kinder wieder dazu bringen, in den Nachthimmel zu schauen.

SZ: Frau Willett, brauchen wir wirklich neue Sternbilder?

Emma Willett: Eine aktuelle Studie mit eintausend jungen Briten hat gezeigt, dass mehr als 70 Prozent der Sieben- bis 19-Jährigen noch nie in ihrem Leben nach Sternbildern gesucht haben. 29 Prozent würden überhaupt keine einzige der klassischen Formationen erkennen. Wir haben nach einer Möglichkeit gesucht, Kinder wieder dazu zu bringen, mit offenen Augen und Fantasie durch die Welt zu gehen.

Sie wollten also Sternbilder finden, mit denen auch Grundschulkinder etwas anfangen können. Wie sind Sie vorgegangen?

Wir haben uns Sternkarten ausgedruckt, die den Himmel zu unterschiedlichen Jahreszeiten und aus unterschiedlichen Perspektiven von unserem Campus aus zeigen. Dann saßen wir in Grüppchen zusammen und haben versucht, darauf interessante Formen zu finden. Wie bei diesen Bildern, wo man Matheaufgaben löst und anhand der Ergebnisse Punkte verbindet.

Hatten Sie vorher im Kopf, wen Sie verewigen wollen?

Es ging um Menschen, über die junge Leute ohnehin sprechen. Wir haben uns vorher eine kurze Liste überlegt. Da standen vor allem Sportler darauf. Der Olympiasieger Mo Farah mit seinem "Mobot"-Jubel zum Beispiel und Serena Williams. Immerhin ihren Tennisschläger haben wir entdeckt. Die besten Ideen kamen aber erst beim Blick auf die Karten.

Nämlich?

Die Gummistiefel von Paddington oder Harry Potters Brille. Am meisten haben wir uns über die Siegerpose von Usain Bolt gefreut.

Emma Willett, 21, studiert in Birmingham Naturwissenschaften und engagiert sich in der Gesellschaft für Astronomie. Mit alten Sternbildern hat sie ihre Schwierigkeiten. „Kassiopeia ist für mich nur Zickzack“, sagt sie. (Foto: Privat)

Was müsste passieren, dass Ihre neuen Sternbilder offiziell anerkannt werden?

Darüber wacht die Internationale Astronomische Union. Die hat 1922 die heute gültigen 88 Sternbilder festgelegt. Das sind die, auf die man sich auch bei der Benennung von Sternen und Sternsystemen bezieht: Der Doppelstern Alpha Centauri etwa liegt im Sternbild des Zentauren. Daran, wie der Nachthimmel von der Erde zu einer bestimmten Jahreszeit aussieht, ändert sich über Generationen hinweg nichts. Deshalb hat sich auch in Sachen Sternbilder in den letzten hundert Jahren kaum was getan. Auch wir wollen nicht die Astronomie aufmischen, sondern bloß zeigen, dass es am Himmel noch viel zu entdecken gibt.

Wohin müssen wir denn schauen, um Harry Potters Brille zu sehen?

Die ist erst im März wieder in Richtung Nordosten gut sichtbar. Zurzeit könnten Sie dafür die Stiefel von Bär Paddington am Osthimmel entdecken.

Lockt man Kinder heute mit Sternbildern überhaupt noch hinter dem Ofen hervor?

Zugegebenermaßen muss man auch bei manchen von unseren Bildern die Augen zusammenkneifen. Aber der Wal zum Beispiel, mit dem wir den Naturforscher David Attenborough ehren, sieht schon wirklich aus wie ein Wal. Finden Sie nicht?

Geht so. Hätte man Sie damit als Kind gekriegt?

Vermutlich nicht. Aber wir haben ja auch ein Spaceshuttle-Sternbild. Ich stand früher total auf Raketen und Raumschiffe. Wenn wir es nicht schaffen, Kinder für Sternphysik zu begeistern - vielleicht gelingt es ja "Star Wars".

© SZ vom 23.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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