Ehrenmord-Prozess:Staatsanwaltschaft legt Revision ein

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Neun Jahre Gefängnis für Ayhan Sürücu, Freisprüche für seine beiden Brüder: Nicht nur der Staatsanwaltschaft ist das Urteil deutlich zu milde. Berlins Innensenator Körting von der SPD fordert die Familie zur sofortigen Ausreise auf, die CDU plädiert für eine Änderung des Jugendstrafrechts.

Kurz nach dem Urteil im Prozess um den so genannten Ehrenmord an der Deutsch-Türkin Hatun Sürücü hat die Staatsanwaltschaft Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt.

Die Zeichnung zeigt die wegen Mordes angeklagten Brüder Mütlü, Alpaslan und Ayhan Sürücü in einem Saal des Kriminalgerichts Berlin-Moabit. (Foto: Foto: dpa)

Das Berliner Landgericht hatte einen 20-jährigen Bruder am Donnerstag als Todesschützen zu neun Jahren und drei Monaten verurteilt. Seine Brüder im Alter von 25 und 26 Jahren wurden freigesprochen.

Die Anklage hatte zwei Mal lebenslange Haftstrafen wegen gemeinschaftlichen Mordes sowie neun Jahre und acht Monate Jugendstrafe für den zur Tatzeit 18-jährigen Angeklagten gefordert.

Ausreise nahe gelegt

Nach Überzeugung des Staatsanwalts hat einer der älteren Brüder die Waffe besorgt, der andere habe Schmiere gestanden. Laut Gericht war die Beweislage zu bruchstückhaft für eine Verurteilung.

Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hat der Familie der von ihrem Bruder ermordeten Deutschtürkin Hatun Sürücü die Ausreise aus Deutschland nahe gelegt.

"Wenn sie wirklich Ehre im Leib hätten, dann sollten sie die Konsequenz ziehen und die Bundesrepublik Deutschland verlassen", sagte Körting im Inforadio des RBB.

Zentralrat der Muslime warnt vor Verallgemeinerung

Das Verfahren habe gezeigt, "dass es sich hier um eine scheinintegrierte Familie gehandelt hat, die offensichtlich mit ihren Wertvorstellungen in der Bundesrepublik Deutschland mit den meisten Familienmitgliedern noch nicht angekommen ist".

Dies sei auch im Verhalten der drei Brüder während des Prozesses zum Ausdruck gekommen. Mit dem Freispruch der beiden älteren Brüder sei er zufrieden. In einem Rechtsstaat könne nur der verurteilt werden, dessen Schuld hundertprozentig nachgewiesen wurde.

Nach dem Urteil hat die Berliner CDU die Anwendung des Erwachsenenstrafrechts von 18 Jahren an gefordert. "Das Jugendstrafrecht mit seiner Auslegung bis zum 25. Lebensjahr ist nicht mehr zeitgemäß", erklärte der CDU-Fraktionsvorsitzende Nicolas Zimmer.

Ehrenmorde haben nach Auffassung des Zentralrats der Muslime nichts mit dem Islam zu tun. Kein Mord könne durch den Islam gerechtfertigt werden, insbesondere nicht der "Ehrenmord", teilte die Vereinigung als Reaktion auf das Urteil im Berliner "Ehrenmord"-Prozess mit.

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