Dritte Flut des Jahres:Fast ganz Rumänien steht unter Wasser

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Rumänien wird derzeit von den verheerendsten Überschwemmungen der vergangenen 50 Jahre heimgesucht. Mindestens zehn Menschen sind bislang in den Fluten ertrunken.

Von Kathrin Lauer

Es ist bereits die dritte Flut in diesem Jahr nach den Überschwemmungen im April in Westrumänien und im Mai im Süden.

Diesmal jedoch steht mit 75 Prozent der Fläche nahezu das gesamte Land unter Wasser. Und die Katastrophe könnte auch für Staatspräsident Traian Basescu ernste politische Konsequenzen haben.

"Es sieht hier aus wie im Krieg", berichtete ein Parlamentsabgeordneter aus dem Überschwemmungsgebiet am um die 20-fache Wassermenge angeschwollenen ostrumänischen Fluss Siret.

Binnen einer Woche traten nach heftigem Dauerregen die Flüsse in 32 der 41 Verwaltungsbezirke über die Ufer. Am Freitag waren am Siret fast 50.000 Menschen von den Fluten isoliert. Dutzende Dörfer standen in seinen Auen unter Wasser.

Immens hoher Sachschaden

Soldaten sind als Retter im Einsatz, doch es fehlt an Booten. Landesweit wurden knapp 15.000 Häuser überflutet, mehr als 350 stürzten ein. Straßen auf einer Strecke von 1270 Kilometern wurden durch das Wasser völlig zerstört. Der Sachschaden dürfte in die Milliarden Euro gehen.

Ministerpräsident Calin Popescu Tariceanu hat angekündigt, dass die Flut das Haushaltsdefizit vergrößern werde. Zugleich kritisierte er, dass der Schaden auch so hoch sei, weil viele Häuser vorschriftswidrig zu nahe an den Flüssen errichtet wurden. Zur Versorgung der 12.000 evakuierten Menschen erbat Bukarest am Donnerstag internationale Hilfe.

Regierung blieb fünf Tage tatlos

Indessen mehrt sich im Land die Kritik an der Regierung. Staatspräsident Traian Basescu, abgelenkt wegen eines Konflikts um eine Justizreform und wegen der Planung vorgezogener Neuwahlen, nahm von der Katastrophe erst nach fünf Tagen Notiz.

Zwar beeilte sich Basescu nun, bei der EU um Finanzhilfen anzuklopfen und sprach von einer "grenzenlosen Tragödie". Doch diese Gesten kamen zu spät. Nahezu die gesamte Presse sowie die Opposition üben bereits massive Kritik an der Zögerlichkeit des Präsidenten; die Tageszeitung Gândul etwa spielte in ihrem Leitartikel auf Basescus früheren Beruf als Schiffsführer an und schrieb über den glücklosen "Kapitän eines untergegangenen Landes".

© SZ vom 16.07.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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