Dreifachmord von Gifhorn:"Züge von Lynchjustiz"

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Läppische Regeln waren ihm wichtiger als Menschenleben: Der Mann, der drei Nachbarn in einer Kleingartenanlage erschlug, muss lebenslang ins Gefängnis.

Es sei ihm immer nur um Sauberkeit, Gerechtigkeit und Ordnung gegangen, erläuterte Wilfried Reinecke im Prozess. "Ich bin kein Mörder und Totschläger", sagte der 65-jährige Angeklagte noch bei seinem Schlusswort am Dienstag. Aber das Gericht konnte nur Hass und unbändige Wut erkennen, die aus einem verbalen Kleinkrieg schließlich eine blutige Tragödie mit drei Toten machten.

Verurteilter Wilfried Reinecke: Tödliche Obsession Ordnung. (Foto: Foto: AP)

Das Landgericht Hildesheim hat Reinecke nun zu lebenslanger Haft wegen Mordes an seinen drei Gartennachbarn in Gifhorn verurteilt.

Die Strafkammer wählte damit die Höchststrafe und stellte die besondere Schwere der Schuld fest, die eine vorzeitige Freilassung bereits nach 15 Jahren Haft ausschließt.

Das Gericht folgte im wesentlichen dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Staatsanwalt Wolfgang Scholz hatte gesagt, das Verbrechen trage "Züge von Selbst- und Lynchjustiz für Vergehen nichtigster Art".

Er habe "brutal drei Menschen getötet", sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Pohl in der Urteilsbegründung. "Er hat nicht die geringste Unrechtseinsicht gezeigt". Das Motiv, die Missachtung von Gartenregeln zu ahnden, stehe "moralisch auf tiefster Stufe". Das Gartengelände, das größtenteils seiner Familie gehört, habe Wilfried R. Als sein Herrschaftsgebiet betrachtet. Er sei "herrisch", "aufbrausend", "cholerisch" und "ausgesprochen selbstherrlich". Es sei in seinem Garten prinzipiell nicht bereit gewesen, "abweichende Verhaltensweisen zu dulden", habe sich als "Kontrolleur der anderen Gartenbesitzer und der Besucher" verstanden und sich mit vielen angelegt.

Der Angeklagte selbst hatte im Prozess zugegeben, am 22. September 2008 nach jahrelangem Streit drei Opfer mit einem Holzknüppel erschlagen zu haben. Aber bis zuletzt beharrte er, er habe dies aus Notwehr getan.

Jahrelang hat Reinecke offenbar die Anwohner der Gartenanlage wegen Lappalien terrorisiert. Der tödliche Streit im September enzündete sich, als der Rentner eine 59-jährige Frau, ihren 64-jährigen Ehemann und den 33-jährigen Sohn zum wiederholten Mal bezichtigte, Gartenabfälle auf sein Grundstück geworfen zu haben.

Bei dem Streit hatte Reinecke einen Knüppel mitgebracht: Der Verurteilte fügte seinen Opfern mit etwa 20 Schlägen tödliche Kopfverletzungen zu.

Seine beiden Verteidiger konnten sich im Prozess nicht auf eine einheitliche Strategie einigen. Während der Pflichtanwalt eine Verurteilung wegen Totschlags forderte, beharrte der Wahlverteidiger auf der verminderten Schuldfähigkeit seines Mandanten.

Am vorletzten Prozesstag zeigte sich, dass Reinecke in jedem Fall Ordnung einen höheren Wert als einem Menschenleben zumisst: "Ich bereue aus tiefstem Herzen diese Katastrophe herbeigeführt zu haben", sagte er in seinem Schlusswort. Für die jahrelangen Streitigkeiten seien aber nach wie vor die Nachbarn verantwortlich. "Ich würde wieder so handeln", meinte er.

Die Drohungen, die Reinecke schon lange vor der Tat ausstieß, zeugen von seinem tiefen Hass. Einmal sagte er dem Sohn aus der Familie, die er später umbrachte: "Wer sich mit mir anlegt, der legt sich mit dem Teufel an. Und wer sich mit dem Teufel anlegt, muss durch die Hölle gehen"

© sueddeutsche.de/AFP/AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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