Dokumentation im Internet:Grausen, Grusel, Geschichte

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In Großbritannien sind jetzt Daten zu historischen Kriminalfällen online. Von Jack The Rippers Taten bis zu der Hinrichtung eines 14-Jährigen.

Gruseln ist in. In Amerika, in Europa, eigentlich überall. Wer hört, dass auf einer britischen Homepage jetzt historische Dokumente über berühmte Kriminalfälle online sind und dass dabei natürlich auch Großbritanniens berühmtester Schlächter Jack The Ripper nicht fehlt, vermutet zunächst sicherlich eine neue Lizenz zum Gelddrucken mit dem Grusel. Kostenpflichtig ist der Dienst, den das Portal ancestry.co.uk. anbietet, tätsächlich. Die Unterlagen, die auf der Homepage für Ahnenforschung zu finden sind, sollen aber vor allem Historikern für ihre Forschungen dienen.

Ein Brief von Jack The Ripper: Am 25. September 1888 soll ihn der Mann, der in den Straßen Londons zahlreiche Prostituierte getötet hat, selbst an die Polizeiwache geschickt und ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei aufgenommen haben. (Foto: Foto: AFP)

Sie sollen nicht nur dabei helfen, historische Zusammenhänge zu erkennen und sich ein Bild der vergangenen Zeiten zu machen. Wer bereit ist, dafür zu bezahlen, kann sich auf der Homepage auch lexikalisches Wissen aneignen. In der Suchmaschine ist beispielsweise auch die Akte eines legendären schottischen Arztes Thomas Neill Cream, wie Olivier Van Calster mitteilte, einer der Macher der Webseite. Der wegen mehrfachen Giftmords verurteilte Arzt hatte vor dem Tod durch Erhängen 1892 gestanden, der gefürchtete Serienmörder Jack the Ripper zu sein. Rätselhaft ist bis heute aber, dass er schon im Gefängnis saß, als einige der grausamen Prostituierten-Morde geschahen.

1,4 Millionen Dokumente

Die Datensammlung umfasst 1,4 Millionen Dokumente zu Prozessen, Urteilen und vollzogenen Strafen im 18. und 19. Jahrhundert. Laut Van Calster ist sie vor allem für Sozialhistoriker von großem Wert, denn sie enthalte viele ausführliche Informationen über Verbrechen und Kriminelle in England und Wales zu einer Zeit großer Armut und Veränderungen. Unter anderem sind auch Dokumente des Falls Roderick McLean nachzulesen, der im ausgehenden 18. Jahrhundert auf Schloss Windsor einen Anschlag auf Königin Victoria verübte.

Zugänglich sind auch die Hintergründe von mehr als 10.000 Hinrichtungen, darunter die eines erst 14-jährigen Jungen. Die Todesstrafe wurde in der damaligen Zeit schon für relativ kleine Vergehen verhängt, wie etwa den Diebstahl von mehr als fünf Schillingen (heute etwa 35 Euro), von Zuchttieren oder für das unerlaubte Fällen von Bäumen. Auch das nächtliche Herumstreunen mit geschwärztem Gesicht wurde mit dem Tode bestraft - die Gerichte setzten voraus, dass nur Einbrecher eine solche Tarnung nutzten.

Die Daten belegten, dass Verbrechen und deren Bestrafung immer schon ein kontrovers diskutiertes Thema waren, sagte Van Calster. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts seien Hinrichtungen durch den Strang ein gesellschaftliches Ereignis gewesen, für das Menschen von weitem anreisten und Reiche sich Balkone mieteten, um es besser sehen zu können. Gleichzeitig zeigten die Dokumente, dass Kriminelle auch "in weniger kultivierten Zeiten" bereits über einige Kreativität verfügten.

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