Die Wirtschaft in der Hitzewelle:Der Strom blieb an

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Wenn kein Wasser vom Himmel tropft, braucht der Mensch es aus der Flasche. Oder er muss es sich im Glas servieren lassen. Bei Getränke-Herstellern und Biergärten sprudelte das Geld förmlich in die Kasse. Da ging es den Strom-Lieferanten anders: Einer musste seine Kunden sogar dazu aufrufen, weniger zu verbrauchen.

Patrick Bernau

Wo sonst das Mineralwasser steht, waren die Regale in vielen Supermärkten Anfang August schlichtweg leer: Den Abfüllern waren die Pfandflaschen ausgegangen. 18,3 Prozent mehr Verbrauch als noch 2002 meldet die Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke - für Juli. Der August war dieses Jahr noch heißer, vergangenes Jahr aber ziemlich verregnet - Wirtschaftsreferent Florian Sperling rechnet für den August mit "sehr deutlichen Zuwächsen, mehr als im Juli".

Ein Reaktorblock des Kernkraftwerks Fessenheim musste mit Wasser besprüht werden. (Foto: Foto: dpa)

Auch Biergärten-Besitzer strahlen wie die Sonne im August: Sie haben nach Angaben des Hotel- und Gaststättenverbands im Mai, Juni und Juli 10 bis 15 Prozent mehr Umsatz gemacht als im vergangenen Jahr. Doch Pressesprecher Marc Schnerr betont, Lokale ohne Garten oder Terrasse hätten Einbußen hinnehmen müssen: "Die sind noch nicht zu beziffern."

Auch Kinos hatten diesen Sommer keine Chance gegen die Biergärten. In München war das Film-Publikum in den heißesten Wochen nur noch halb so groß wie sonst. Dagegen boomten Open-Air-Vorstellungen: 33.000 Besucher hatten die Veranstalter eines Festivals am Münchener Königsplatz in einer Woche, 5.000 mehr als vergangenes Jahr.

Trotz Solarzellen - Stromversorger hatten ihre Probleme: Das Kühlwasser für ihre Reaktoren war zu heiß. Viele Behörden erlaubten den Kraftwerks-Betreibern, wärmeres Wasser in die Flüsse zurückzuleiten als sonst. So durfte das bayerische Kraftwerk Isar I sein Kühlwasser auf 27 statt 25 Grad aufheizen.

Dem baden-württembergischen Energie-Unternehmen EnBW brachte das nichts. EnBW musste sein Kernkraftwerk Obrigheim abschalten. Die beiden anderen EnBW-Kraftwerke lieferten nur noch 80 Prozent ihrer sonstigen Leistung. Der Stromlieferant musste seine Kunden anhalten, Strom zu sparen.

Zum Glück brauchen die Deutschen im Sommer weniger Strom als sonst: Am vorletzten Tag des Hochs Michaela zogen die Kunden des Energie-Unternehmens RWE bis zu 25.300 Megawatt, normal sind im August bis zu 20.000. Im Januar hatte RWE seinen Kunden in Spitzenzeiten mehr als 30.000 Megawatt durch die Leitungen geschickt.

Der Strom blieb also an. In Deutschland zumindest. In Italien mussten die Energieversorger abschalten.

Auch für die Binnenschiffer wurde das Wasser zum Problem. Sie konnten auf vielen Flüssen nur noch einen Teil ihrer sonstigen Ladung transportieren, sonst wären sie auf Grund gelaufen. Die Sächsische Dampfschifffahrt stellte die meisten ihrer Touren ganz ein.

Die Preise für Obst und Gemüse sind noch nicht gestiegen. Das könnte aber noch passieren, denn die Bauern sehen viele Ernten als gefährdet an.

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