Die Opfer von Hurrikan "Katrina":Vergessen im Container

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New Orleans: Mehr als drei Jahre nach dem Hurrikan Katrina leben noch 3450 Familien in Notunterkünften. Nun fließen neue Hilfen für den Wiederaufbau von Häusern.

Es tropft monoton von der Decke, an der Lampe zum Beispiel sammelt sich der Regen. Eine große Schüssel ist aufgestellt, doch das hilft wenig. "Wo soll ich heute schlafen?", fragt eine Kinderstimme aus dem Hintergrund resigniert. Denn das Bett des Mädchens ist klatschnass. Es ist ein Amateurvideo, das zeigt, wie ungemütlich das Leben in einer Container-Unterkunft sein kann.

Ende Mai sollte die Frist für die Notunterkünfte ablaufen. Das hat viele Bewohner in Panik versetzt. Noch 3450 Familien leben in solchen Containern, darunter vor allem in New Orleans viele alte, arme oder behinderte Menschen. Ihre Häuser sind noch nicht wiederaufgebaut. (Foto: Foto: AP)

Nach dem Hurrikan Katrina, der im August 2005 in den US-Bundesstaaten Louisina, Mississippi und Alabama eine Fläche so groß wie Großbritannien verwüstet hat, sind viele Geschädigte in diesen Notunterkünften der US-Katastrophenschutzbehörde Fema untergekommen. Es sind Unterkünfte, die eigentlich für den Übergang gedacht sind. Doch mehr als drei Jahre nach "Katrina" leben noch immer 3450 Familien in diesen Containern, darunter vor allem in New Orleans viele alte, arme oder behinderte Menschen.

Ein Dollar für den Billig-Container

Der Grund: Der Wiederaufbau der Häuser verläuft schleppend, Fördergelder gibt es offenbar zu wenig oder sie kommen nicht bei den bedürftigen Menschen an. Für sein katastrophales Krisenmanagement nach der Katastrophe büßte US-Präsident George W. Bush im Jahr 2005 viel Glaubwürdigkeit ein.

Auch unter der Regierung Obamas tat sich anfangs wenig, nun soll sich vieles ändern: 50 Millionen US-Dollar sollen nun für Katrina-Opfer zur Verfügung gestellt werden, damit sie sich auf dem freien Markt eine neue dauerhafte Bleibe suchen können. Zudem sollen Fallmanager zum Einsatz kommen - erfahrene Handwerker, die mit den Opfern vor Ort den Wiederaufbau ihres Hauses planen.

Anspruch hat, wer weniger als 50 Prozent des Durchschnittseinkommens in der Region verdient. Und, so kurios es klingen mag: Den Bewohnern der Container wird zusätzlich angeboten, die Behelfsunterkunft zu kaufen - je nach Variante für fünf beziehungsweise einen US-Dollar.

Eben dieses Angebot hat unter den Bewohnern sogar Erleichterung hervorgerufen. Denn ursprünglich gab es eine Frist für die Räumung der Container, bis Ende Mai sollten die Bewohner die Notunterkünfte verlassen. Doch für viele war das unmöglich: Zwei Drittel der Bewohner leben in den Containern direkt neben ihren zerstörten Eigenheimen, vor allem in New Orleans. Sie versuchen verzweifelt, ihre Häuser wiederaufzubauen und bewohnbar zu machen. Ausbleibende Fördermittel seien ein Problem, berichtet die New York Times, andere hätten auch Schwierigkeiten mit ihren Versicherungen oder seien von Bauunternehmern über den Tisch gezogen worden.

Wertgegenstände lieber ins Auto

Die Zeitung schilderte unter anderem das Schicksal von Belinda Jenkins, einer behinderten Frau, die zusammen mit ihrem Ehemann in einem Container vor ihrem zerstörten Haus untergebracht ist. Sie rechneten stets mit der Räumung und damit mit der vollkommenen Obdachlosigkeit. Kleider, Wertgegenstände und wichtige Dokumente hatte das Paar sogar in ihrem Auto und nicht im Container aufbewahrt - aus Angst, dass sie eines Tages nach Hause kämen und ihre Unterkunft mitsamt allen Dingen darin verschwunden sein könnten.

Ob das Kaufangebot für die Notunterkünfte tatsächlich auf Resonanz stößt, ist fraglich. Und auch die 50-Millionen-Offerte sehen Anwälte der Evakuierten eher skeptisch. Es sei zwar "ein ungeheurer Schritt in die richtige Richtung", sagte eine Anwältin, doch in der Vergangenheit war schon zu Vieles falsch gemacht worden.

Katrina gilt als die teuerste Naturkatastrophe in der Geschichte der USA: Mit einem Sachschaden von bis zu 100 Milliarden US-Dollar. Der gewaltige Wirbelsturm riss insgesamt 1836 Menschen in den Tod.

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