Die Niederbayern-Diät:Weniger isst mehr

Lesezeit: 3 min

Nach großen Erfolgen in Bayern will ein Apotheker aus Straubing die ganze Republik dazu bringen, abzuspecken und sich dabei wohl zu fühlen.

Von Rolf Thym

Straubing, im Februar — Von Beruf ist Egon Dürtler Betriebswirt, aus Leidenschaft aber hat sich der 53-Jährige dem Abspecken verschrieben, und das mit einigem Erfolg.

(Foto: Foto: dpa)

Er deutet auf seinen ledernen Hosengürtel, den er nach und nach enger schnallen konnte - mittlerweile um fünf Löcher: "Das", sagt er mit zufriedenem Lächeln, "ist meine Geschichte."

Binnen sechs Monaten hat der früher zum Kugelrunden neigende Niederbayer 22 Kilogramm Körpergewicht verstoffwechselt. Urheber dieser Erfolgsgeschichte ist der Apotheker Hans Gerlach, der mit seinen Tipps für nachhaltiges Abnehmen schon viele zehntausend Übergewichtige in den Stand höchster Freude versetzt hat:

Zuerst im niederbayerischen Straubing, dann in ganz Bayern - und in wenigen Wochen soll das kollektive Abspecken auf weite Teile der Republik übergreifen.

Das kann dick machen

Gerlachs Apotheke residiert im Herzen der niederbayerischen Herzogsstadt Straubing, deren landestypische Küche die fleischlichen Zutaten vorzugsweise vom fettreichen Schwein bezieht - ohne Rücksicht darauf, dass der Niederbayer des 21. Jahrhunderts eher nicht mehr der Kräfte zehrenden Feldarbeit nachgeht, sondern mit der Zivilisationsgeißel des bewegungsarmen Berufs geschlagen ist.

Das kann dick machen. So kam es, dass der Apotheker Gerlach eine Zusatzausbildung als Ernährungsberater absolvierte und Rat suchende Fettleibige darüber aufzuklären begann, wie sie ohne unzumutbare Kasteiung abnehmen können.

Als die Konsultationen überhand nahmen, kam er "aus Bequemlichkeit, eigentlich" auf den Gedanken, Seminare im größeren Kreis anzubieten, dazu ein sportives Begleitprogramm. 1999 gründete er die Aktion "Fit ohne Fett", die zwei Jahre später "Straubing fastet" hieß und 2000 Abspeckwillige glücklich machte.

Damit begann ein ungeahnter Siegeszug gegen das Körperfett: 2002 fand Gerlachs Aktion "Fasten ohne Grenzen" 5477 Mitstreiter in sechs bayerischen Städten. Im vergangenen Jahr scholl der Schlachtruf "Bayernweit - Bayern light" schon durch 52 Städte des Freistaats, wobei 30 180 Teilnehmer zusammengerechnet 157 Tonnen Körperfett verbrannten.

Ende Februar nun will Gerlach gemeinsam mit einer eigens beauftragten Marketing-Agentur die Bundes-Premiere wagen: 300 Apotheken beteiligen sich (unter der Internetadresse www.llid.de) an der Aktion "Leichter leben in Deutschland".

Einfache Rezeptur

Damit der Kampf gegen die Pfunde nur ja nicht ins Freudlose abgleitet, sollen die Kölner und Düsseldorfer in einem Städte-Wettstreit gegeneinander antreten. Gleiches ist für die Beschäftigten der Flughäfen in München und Frankfurt geplant.

Überhaupt hält Hans Gerlach gar nichts von griesgrämigem Verzicht: Er setzt auf den Spaß am Körperfettverlust mittels einer recht einfachen Rezeptur. "Aus allen vernünftigen Abnehmeformen ziehen wir das Beste raus", sagt der Straubinger Apotheker - und das hat nichts zu tun mit teuren Eiweißpülverchen und Null-Diäten, sondern mit der Aufklärung darüber, welche Nahrungsmittel in welcher Kombination zueinander gut sind für den Abbau von Körperfett.

Als Faustregel gilt: Je weniger tierisches Fett auf den Teller kommt, desto besser. Dazu soll von allem, was reich an Kohlehydraten ist, möglichst wenig gegessen werden - dies gilt besonders für Weizenmehl in jeglicher Form, für Zucker, Reis, Kartoffeln und Nudeln.

Zügig Spazierengehen

Gleichzeitig werden die Abspecker dazu angehalten, ihren Kräften entsprechend und in selbst motivierenden Gruppen Sport zu treiben.

Empfohlen wird zügiges Spazierengehen. Zudem will Gerlach in Straubing bestens erprobte Synergieeffekte für den Erfolg der Aktion andernorts empfehlen: Restaurants sollen fett- und kohlehydratarme Gerichte anbieten, Metzger den Fettgehalt ihrer Würste deklarieren, Apotheker regelmäßig den Körperfettgehalt der Teilnehmer messen.

A bissl unter 80

Wohin das alles führen kann, sieht man an Egon Gürtler, der in früheren Jahren so allerlei Diäten und Mittelchen ausprobierte und nach ersten Erfolgen gleich wieder zulegte, was ihm einen rechten Frust bescherte. Bald war er wieder bei 102 Kilo.

Inzwischen aber hat sich sein Gewicht dank der Gerlachschen Tipps bei 85 Kilogramm eingependelt, und er will noch weiter runter, "auf a bissl unter 80". Deswegen macht er wieder mit: Wird viele Äpfel essen und Steaks mit Salat, wird Glück empfinden beim geruhsamen Joggen und - was für einen Niederbayern eine großartige Leistung ist - ohne Bitterkeit aufs tägliche Bier verzichten. Das steht auf der Horrorliste der Dickmacher nämlich ganz oben.

© SZ vom 10.2.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: