David gegen Staubsauger:Da ist noch ein Staubkorn

Foto: Maurizio Degl' Innocenti/dpa (Foto: Maurizio Degl' Innocenti)

Alle zwei Monate fliegt ein Spezialkommando aus den USA nach Florenz. Auftrag: Waschen, schrubben, polieren.

Von Anna Dreher

24 Stunden lang haben sie an ihm herumgewischt, ihn gesaugt, gebürstet und gefegt. Unter den Achseln, am Bauch, hinter seinen Ohren und sogar in den Augen. Die wenigsten lebenden Männer würden eine solche Prozedur klaglos über sich ergehen lassen. Der berühmteste David der Welt kann nicht anders. Alle zwei Monate steht seine Grundreinigung an, zu Wochenbeginn war es wieder so weit. Und weil sich auf einem 5,17-Meter-Koloss jede Menge Staub ansammelt, dauerte das Reinemachen den ganzen Tag.

An die zwischen 1501 und 1504 vom italienischen Universalgenie Michelangelo aus Marmor gehauene und wohl bekannteste Skulptur der Kunstgeschichte dürfen natürlich keine gewöhnlichen Putzkräfte ran. Die amerikanische Organisation Friends of Florence lässt extra ein Expertenteam aus den USA nach Italien einfliegen. Ausgestattet mit knallgelben Helmen und weißen Schutzanzügen sorgen die professionellen Staub-Wischer für den makellosen David-Look in der Florentiner Galleria dell'Accademia. Der Staub, der sich auf dem Marmor-Riesen angesammelt hat, ist also nicht annähernd so historisch, wie manch einer vermuten könnte.

Michelangelo wollte den biblischen Jüngling übrigens in dem Moment zeigen, in dem er mit seiner Steinschleuder den Kampf gegen den Riesen Goliath aufnimmt. Der Statue werden Ruhe und Bewegung, Konzentration und Anspannung, Überlegtheit und Willenskraft zugeschrieben. 512 Jahre nach der Fertigstellung passt diese Beschreibung auch auf ihre Putztruppe. Wer schafft es schon, im Ghostbusters-Outfit 24 Stunden lang einen historischen Nackedei abzuschrubben und dabei derart lässig aussehen?

© SZ vom 02.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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