Dampfrohr-Explosion in Manhattan:Asbest in den Trümmern

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Nach der Explosion einer unterirdischen Dampfleitung im New Yorker Stadtteil Manhattan scheint sich die Sorge vor gesundheitlichen Risiken zu bestätigen: Im Schutt befindet sich Asbest.

Die Befürchtungen von New Yorks Bürgermeiser Michael Bloomberg sind wahr geworden: Der Energieversorger Consolidated Edison gab bekannt, dass im Schutt Asbest gefunden wurde. Messungen hätten jedoch ergeben, dass der Krebs erregende Stoff nicht in die Luft gelangt sei.

Zuvor hatte eine gewaltige Explosion einer veralteten Dampfleitung in New York Erinnerungen an die Terroranschläge vom 11. September 2001 geweckt. Mitten im Berufsverkehr barst am frühen Mittwochabend (Ortszeit) in unmittelbarer Nähe der Grand Central Station eine unterirdische Leitung.

Die Explosion hinterließ einen Krater in der Straße, eine riesige Rauchwolke stieg auf, Schlamm und Betonbrocken wurden mehrere Stockwerke hoch durch die Luft geschleudert. Laut Bürgermeister Michael Bloomberg starb ein Mensch an Herzversagen, 24 weitere Menschen wurden verletzt, einige von ihnen schwer. Einen Terroranschlag schlossen Bloomberg und die Polizei aus.

Bloomberg verwies auf das überalterte Leitungssystem und sagte vor dem Krater in der 41. Straße auf einer improvisierten Pressekonferenz: "Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass dies etwas anderes als ein Versagen unserer Infrastruktur ist."

Dampf-Fontäne war höher als das Chrysler-Gebäude

Das in der Nähe des Großbahnhofs und dem 77-stöckigen Chrysler Building geborstene Rohr sei 1924 verlegt worden. Aus noch unbekannten Gründen sei nach morgendlichen Regenfällen Wasser in die Leitung gelangt, wodurch die Explosion ausgelöst worden sei.

Aus dem 60 Zentimeter dicken Rohr schossen im abendlichen Berufsverkehr Dampf, Erde und Steine mit lautem Getöse hoch in die Luft. Der Dampf und Rauch in den Häuserschluchten war weithin zu sehen, Menschen reagierten in Erinnerung an das Trauma von 2001 kurzzeitig mit Panik, Chaos brach aus.

Der ohrenbetäubende Lärm der Explosion, die sich um 17.50 Uhr Ortszeit (23.50 Uhr MESZ) ereignete, war noch mehrere Häuserblocks entfernt zu hören, die umliegenden Gebäude erzitterten. Der U-Bahnverkehr wurde ausgesetzt. Die Eruptionen sahen aus, als ob ein gewaltiger Geysir Dampf und Erdbrocken mit lautem Gebrüll in die Luft schleuderte. Der Krater hatte einen Durchmesser von mehreren Metern. In unmittelbarer Nähe stand ein verlassener Schulbus; ein Abschleppwagen rutsche in den Krater. Die erste Dampf-Fontäne sei höher gewesen als das über 300 Meter hohe Chrysler Building.

Gegen 20.00 Uhr (02.00 Uhr MESZ) lichteten sich die Dampfschwaden und das Ausmaß der Schäden wurde sichtbar.

"Alle haben an 9/11 gedacht"

Natürlich habe jeder sofort an den 11. September gedacht, sagte der 63-jährige Deutsche Heiko Thieme, der vom 27. Stockwerk eines Gebäudes den Unglücksort an der Kreuzung Lexington Avenue und 41. Straße überblicken konnte. Er habe gerade seinen Geschäftsbericht diktiert, als er die Explosion gehört habe, berichtete der Banker. "Das Gebäude hat leicht gezittert und handtellergroße Steine sind bis zur 27. Etage hochgeflogen", so Thieme weiter. Die Explosion verglich der Augenzeuge mit einem Vulkanausbruch. Er habe das Gebäude sofort verlassen, unten sei alles voller Schlamm und Dampf gewesen.

"Alles hat gebebt", berichtete die 33-jährige Augenzeugin Lilian Crespo. "Es war furchtbar." Der Boden habe gezittert unter den Füßen, sagte der Polizist Paul Browne dem Nachrichtensender CNN. Die Polizei hatte zunächst von der Explosion eines Transformators gesprochen.

Vor sechs Jahren war nach Terroranschlägen das World Trade Center eingestürzt. Darryl Green sagte, als er in seinem nahegelegenen Bürogebäude den Boden unter den Füßen schwanken spürte, sei er mit seinen Kollegen vom 30. Stock durchs Treppenhaus nach unten gestürmt. "Als wir draußen auf der Straße waren, war alles dunkel vor Rauch", berichtete der AT&T-Mitarbeiter.

Debbie Tontodonatos erster Gedanke war ein Unwetter. "Ich schaute aus dem Fenster und sah diese großen Klumpen, die ich erst für Hagel hielt", sagte die 40-jährige Managerin. "Wir bekamen Panik, das war wie ein Viehtrieb die Treppen runter, alle stießen und rempelten. Ich fiel fast die Treppen runter."

"Wir rannten 43 Etagen hinunter und dachten, jetzt müssen wir sterben", berichtete die 35-jährige Megan Fletcher, die für eine australische Firma im Chrysler Building arbeitet. "Es war schrecklich", fügte sie hinzu. "Ich sah Steine herunterkommen", sagte Reggie Evans, "und als ich davonrannte fielen sie mir auf den Kopf. Dampf kam hoch und der Boden brach auf." Die Polizei widersprach ersten Eindrücken, ein Gebäude sei zerstört. Es sei erschüttert worden, aber nicht eingestürzt, hieß es.

Hunderte Menschen rannten in Panik davon, einige von ihnen brachen in Tränen aus, wie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Die Rauchwolke erinnerte an die Bilder der einstürzenden Türme des World Trade Centers am 11. September 2001. Doch nach kurzer Zeit beruhigte sich die Lage und Passanten fotografierten den Schauplatz mit Mobiltelefonen.

Der Grand Central Terminal, ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt für viele Berufspendler, wurde geschlossen, der U-Bahnverkehr war stark beeinträchtigt. Einige umliegende Gebäude wurden geräumt. Im Laufe des Abends wurde der Zugverkehr wieder aufgenommen. Mehrere Häuserblocks im Umfeld des Bahnhofs und des Chrysler Buildings waren am Abend noch abgesperrt.

Heizungen und Klimaanlagen der Hochhäuser in New York City werden mit einem riesigen unterirdischen Dampfleitungssystem versorgt. Die Dampfrohre bersten hin und wieder, wenn im heißen Rohr Wasser kondensiert. 1989 kamen bei einer derartigen, als Wasserhammer bezeichneten Explosion drei Menschen ums Leben.

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