China:In selbstmörderischer Mission

Lesezeit: 2 min

Genervter "Held": Ein Video zeigt, wie ein Chinese einen Selbstmörder von der Brücke schubst - die umstehenden Passanten applaudieren.

Die Geschichte klang unglaublich: Ein Chinese machte mit einem Selbstmörder kurzen Prozess. Weil er von der Unentschlossenheit des Lebensmüden genervt war, stieß der Passant den Mann kurzerhand von der Brücke in die Tiefe, meldeten die Agenturen.

Gruß an die applaudierende Menge: der genervte "Held" Lai Jiansheng. (Foto: Foto: AP)

In einem Video sind nun die dramatischen Momente zu sehen: Der lebensmüde Chen Fuchao sitzt oben auf dem Geländer der Haizhu-Brücke - er ist bereits der dreizehnte Selbstmordkandidat seit Anfang April auf der Brücke in der südchinesischen Stadt Guangzhou.

Unter ihm staut sich der Verkehr. Die Feuerwehr ist herbeigeeilt und versucht, Chen von seinen Selbstmordabsichten abzubringen. Dann kommt der pensionierte Soldat Lai Jiansheng vorbei, erkundigt sich bei der Feuerwehr nach dem Grund des Staus.

Kurzerhand durchbricht er die Polizeiabsperrung, klettert zu Chen auf das Geländer, rückt nahe an ihn ran, spricht ihn an, klopft ihm auf die Schulter. Es sieht so aus, als würde er Chen von seinem Plan abbringen wollen. Doch dann packt er ihn, schubst ihn vom Geländer. Chen stürzt acht Meter tief in ein Luftkissen, das die Feuerwehr bereits vorbereitet hatte. Der Mann kommt mit Rücken- und Armverletzungen ins Krankenhaus.

Die Sprecherin bringt nun noch eine neue Version die Geschichte: die von Lai Jiansheng, dem Helden, der zur Tat schritt. Der Sprecherin zufolge hätten die Umstehenden sogar applaudiert, nachdem Jiansheng durch sein "beherztes" Eingreifen die Situation beendet habe.

Gegenüber der Polizei indes präsentierte sich Jiansheng weniger als Held: "Ich habe ihn gestoßen, weil Leute wie Chen sehr egoistisch sind", sagte er. "Ihr Handeln missachtet eine Menge öffentlicher Interessen."

Der Verkehr an der Brücke war stundenlang aufgehalten und das Gebiet von der Polizei abgeriegelt worden. "Die trauen sich doch gar nicht, sich umzubringen. Sie wollen damit nur die Aufmerksamkeit der Behörden auf ihren Fall lenken", sagte er weiter. Der 66-Jährige wurde dem Bericht zufolge von der Polizei abgeführt.

Ein juristisches Nachspiel dürfte die Aktion jedenfalls für beide haben: Auf Chen kommt eine Anklage wegen Verstoßes gegen das öffentliche Interesse zu. Und der 66-jährige Jiansheng wurde von der Polizei abgeführt und wegen vorsätzlicher Körperverletzung angeklagt.

Vielleicht aber klatschten die Passanten bei der Tat von Lai Jiansheng aber aus einem anderen Grund: Denn auch chinesische Blogs feierten den 66-Jährigen als Helden. Allerdings, weil er einen stundenlangen Verkehrsstau verhindert hatte. Von den übrigen zwölf Selbstmordkandidaten, die sich von der Brücke stürzen wollten, ist bislang noch keiner gesprungen. Allerdings sei jedesmal der Verkehr sehr lange aufgehalten worden, hieß es in einem Bericht der China Daily.

© sueddeutsche.de/dpa/AP/Reuters/gba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: