China:Eine echte Sauerei

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Die chinesischen Verbraucher sind erbost: Nachdem öffentlich wurde, dass für die Olympischen Sommerspiele besonders prächtige "Olympiaschweine" gezüchtet werden, wünscht sich auch die normale Bevölkerung besseres Fleisch auf dem Teller.

Henrik Bork

"Olympiaschweine" haben in China einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Die Ökoschweine, die extra für die Olympischen Sommerspiele im kommenden Jahr gezüchtet werden, sind zu einem Streitthema geworden. Das Fleisch werde hormonfrei sein, damit die Athleten aus aller Welt ihre Dopingtests bestehen können, hatte der Züchter der Tiere unlängst stolz verkündet.

Weil Schwein nicht gleich Schwein ist, gehen Chinas Verbraucher derzeit auf die Barrikaden (Foto: Foto: dpa)

Genau das aber ärgert viele Chinesen, die weiterhin mit Hormonen vollgepumptes Schweinefleisch verzehren müssen. "Die Athleten können kein normales Schweinefleisch essen, sonst gibt es Dopingalarm. Aber was sollen wir essen, wenn wir uns kein Spezialfleisch leisten können?" fragt zum Beispiel ein Blogger namens bbcjy. Auf tausenden von Webseiten und an ungezählten Esstischen in ganz China sind die Olympiaschweine (auf Chinesisch "Aoyun zhu") zum Thema geworden.

Richtig wütend wurden viele Chinesen, als der Züchter die paradiesischen Lebensbedingungen seiner Ökosäue auf einer Pressekonferenz in Peking vorstellte. Sie würden nur mit organisch gezüchtetem Futter gefüttert, sagte Niu Shengan, Sprecher der Firma "Glücklicher Kranich". Selbstverständlich ohne Hormone oder Antibiotika, wegen der "Anti-Doping-Bestrebungen".

Aber auch frei von jeglicher Umweltbelastung. Auf zehn "geheimen Bauernhöfen" in der chinesischen Provinz, wo das Wasser klar und die Luft sauber sei, würden die Schweine gezüchtet. Videokameras überwachten die Tiere, und Besucher müssten erst drei Tage "in Quarantäne", bevor sie in die Ställe gelassen würden, erklärte der Schweineproduzent.

Erbost über eine "Elitezucht"

Und damit nicht genug: Die Tiere müssten auch selbst fit sein, bevor sie an die Sportler verfüttert werden. Man achte darauf, dass sie genügend Bewegung erhalten. "Olympiaschweine müssen jeden Tag zwei Stunden Sport treiben", titelte die Zeitung Xinjing Bao.

Das war zu viel! "Ich wäre lieber ein Schwein bei der Olympiade, als ein Mensch in einer chinesischen Kohlegrube", schäumte daraufhin der Blogger shiniankanchai. Er spielte auf die vielen tödlichen Unfälle in Chinas Zechen an, gegen die der Regierung offenbar nichts einfalle, während sie für ausländische Athleten sehr viel mehr Einsatz zeigen würden. Die meisten Kommentare zeigten sich erbost über eine "Elitezucht", während die Qualität der normalen chinesischen Nahrung immer mehr zu wünschen übrig lässt.

Erst in diesem Jahr hatte in China die "Blaue-Ohren-Krankheit", eine Schweineseuche mit dem unappetitlichen Namen "Spätabort der Schweine", grassiert. Millionen von Tieren verendeten. Unzählige Chinesen litten danach unter Lebensmittelvergiftungen, und sauberes Schweinefleisch wurde so teuer, dass die Inflation im Land im August auf 6,5 Prozent kletterte.

Abfallfleisch für das normale Volk

Und dann von Videokameras bewachte, Ökogemüse kauende Eliteschweine für die Sportler? "Dass es Olympiaschweine überhaupt gibt, zeigt, wie ernst unsere Lebensmittelkrise ist", schreibt der Autor des Blogs "Glücklich wie ein Fisch".

Die vielen wütenden Kommentare drohten zu einem PR-Problem für die Olympia-Ausrichter zu werden. Am vergangenen Freitag fühlten sie sich gezwungen, sich von dem Schweinezüchter zu distanzieren. "Wir haben keine Olympiaschweine und geheimen Farmen bestellt", erklärte ein Sprecher des Servicebüros des Pekinger Olympiakomitees.

© SZ vom 5.11.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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