Charles Lindbergh:So einsam war der Adler nicht

Lesezeit: 3 min

Dass der amerikanische Fliegerpionier drei Kinder mit der Münchnerin Brigitte Hesshaimer haben soll, ist seit einem Monat bekannt. Nun kommen angeblich noch zwei dazu aus der Beziehung mit deren Schwester Marietta.

(SZ vom 25.08.2003) Noch zwei Söhne? Die öffentliche Biografie des großen Charles Lindbergh, der als Erster allein über den Atlantik flog, hat eine neue Facette bekommen. Vor einem Monat haben wir an dieser Stelle dargestellt, dass der, den sie Lucky Lindy nannten, eine heimliche Liebe hatte. Drei Kinder hatte der Fliegerpionier mit der Münchner Hutmacherin Brigitte Hesshaimer. Lindberghs deutsche Tochter Astrid und ihre beiden Brüder Dyrk und David hatten es zwei Jahre nach dem Tod ihrer Mutter an der Zeit gefunden, sich zu ihrem berühmten Vater zu bekennen. Astrid, die als Madame Bouteuil mit ihrer Familie in der Nähe von Paris lebt, wollte, dass ihre eigenen vier Kinder sich mit Stolz zu ihrem Großvater bekennen können.

Gerüchte kreisen

Doch Lindbergh, der einsame Adler, der seit seiner Landung in Paris im Mai1927 zur ersten Medienfigur des vergangenen Jahrhunderts wurde, war noch komplizierter als selbst sein Biograph A.Scott Berg geahnt hat. Berg, der für sein Standardwerk "Lindbergh" vor fünf Jahren mit dem Pulitzer-Preis geehrt wurde, räumt wohl ein, Lindbergh habe eine Affäre mit einer Philippina gehabt. Auch sei ihm ein Gerücht über eine weitere Frau zu Ohren gekommen, aber ihm fehle eine seriöse Quelle.

Diskretion als oberstes Gebot

Aber da ist ja noch Marietta, die zwei Jahre ältere Schwester der Münchner Hutmacherin. Lindbergh hatte die beiden Frauen zur selben Zeit kennen gelernt, damals, 1957, als sie zusammen in Schwabing wohnten. Man traf sich oft, manchmal auch zu viert, wenn die junge Dame V. dabei war. In einem Brief aus Paris fragt sich der verliebte Lindbergh, der immer nur mit einem großen C. unterzeichnete, nachdem er sich einen neuen Hut gekauft hat: "Was würden Brigitte und V. und Marietta dazu sagen?" Er gibt sich oft besorgt, wie die Dinge in München laufen, interessiert sich auch für Mariettas Wohlergehen, aber es gibt keinen Hinweis auf eine Dreierverbindung. Diskretion, kein Aufsehen erregen - das war eine seiner wichtigen Eigenschaften.

Lob für die Malerin

Früh lobt er Mariettas Talent als Malerin, er prophezeit ihr eine Künstlerkarriere. "Marietta macht ungewöhnliche Fortschritte in ihren Zeichnungen, ich war höchst erfreut." Gelegentlich hat er sie auch in Rom gesehen, wo sie später ihre Fertigkeiten vervollkommnete. Er nimmt Anteil an ihrem Leben, gibt einfühlsame Ratschläge. "Ich muss ihr schreiben", heißt es in einem Brief, "und ihr alle möglichen Strafen androhen, wenn sie weiterhin bei schlechtem Licht liest."

Zu Marietta fühlt sich Lindbergh über all die Jahre hingezogen, und die Verbindung reißt auch nicht ab, als sie in die Schweiz nach Sion übersiedelt. Dort macht der berühmte Amerikaner bisweilen Station. "Sie schien sehr glücklich, aber ein bisschen müde. Ich habe ihr wieder gesagt, sie solle nicht so viel arbeiten." Von der Geburt Vagos, Mariettas erstem Sohn, erfährt Lindbergh zu Hause in Connecticut am Heiligabend 1962 durch einen Brief von Schwester Brigitte.

Eine Schwester zieht sich zurück

Lindbergh freut sich für Marietta, weil sie sich doch so sehr einen Jungen gewünscht habe, aber das Wichtigste sei schließlich, dass das Kind gesund und munter sei, sagt er in einem Brief an Brigitte. Er werde ihr nun gleich schreiben, "aber ich werde erst mal nichts über Vago sagen, bevor ich einen Brief von ihr habe". An seinem Verhältnis zu Brigitte und seinen Kindern Astrid, Dyrk und David hat sich derweil nichts geändert. Nur einmal muss es einen Konflikt gegeben haben, 1969, da ist der Kontakt unterbrochen. Marietta hatte inzwischen ihren zweiten Sohn, Christoph, bekommen.

Marietta hatte sich in Lindberghs letztem Lebensjahr offenbar rar gemacht. Zum Schluss wusste er nicht einmal mehr ihre Adresse. In seinen Briefen an Brigitte erwähnt er sie schon lange nicht mehr, nur ein ums andere Mal legt er ein Extra-Kuvert für die Schwester bei mit der Bitte, "Beigefügtes an Marietta weiterzuleiten". Die treue Bitusch, wie er Brigitte genannt hat, erfüllt jeden Wunsch.

Schweigende Geschwister

Marietta Hesshaimer, 79, die zurückgezogen in der Schweiz lebt, und ihre Söhne Vago und Christoph haben sich bislang allen Spekulationen entzogen. Sie waren immer dagegen, dass Astrid und ihre Brüder ihre Herkunft publik machten. Auch nachdem am Wochenende Focus gegen den Willen der Betroffenen seine Version auf den Markt brachte und zwei weitere Lindbergh-Söhne outete, haben sie ihre Zurückhaltung beibehalten.

© Von Gerd Kröncke - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: