Brasilien:Meuternde Häftlinge nehmen mehr als 120 Geiseln

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Wenige Wochen vor Beginn der Fußball-WM wirft ein Ereignis erneut ein schlechtes Licht auf die Sicherheitslage in Brasilien. In einem Gefängnis im Nordosten des Landes nehmen meuternde Häftlinge 122 Menschen als Geiseln.

Meuternde Häftlinge haben in einem brasilianischen Gefängnis 122 Menschen als Geiseln genommen. Nach Angaben einer Gefängnissprecherin brachten sie am Samstag 118 Angehörige von Insassen und vier Wachleute in der Haftanstalt im nordöstlichen Bundesstaat Sergipe in ihre Gewalt. Die Verhandlungen mit den Geiselnehmern sollen fortgesetzt werden.

In dem betroffenen Gefängnistrakt sind 123 der insgesamt 476 Häftlinge untergebracht. Das Gefängnis in der Stadt Aracaju wird von einem Privatunternehmen und den Behörden des Bundesstaats gemeinsam betreiben. Die Polizei sei vor Ort und die Lage habe sich etwas beruhigt, sagte die Gefängnissprecherin. "Wir glauben nicht, dass die Insassen ihre eigenen Angehörigen verletzen werden", sagte der Chef Militärpolizei von Sergipe, Mauricio Iunes, der Nachrichtenwebsite G1. Die Hintergründe der Meuterei blieben zunächst unklar. Medienberichten zufolge verlangen die Gefangenen eine großzügigere Regelung der Besuchszeiten und bessere Haftbedingungen.

In brasilianischen Gefängnissen gibt es immer wieder Gefangenenaufstände, die sich meist gegen die schlechten Lebensumstände dort richten. Die Haftanstalten des Landes sind chronisch überbelegt. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Conectas fehlen landesweit mehr als 200.000 Haftplätze. Hinter den Gefängnismauern herrschen oft kriminelle Gangs. Bei einer Meuterei in einem Haftanstalt im Bundesstaat Bahia wurden im April 2013 sechs Insassen getötet.

Der Vorfall wirft wenige Wochen vor Beginn der Fußball-WM erneut ein schlechtes Licht auf die Sicherheitslage in Brasilien. Das Land wird seit Mitte vergangenen Jahres von sozialen Protesten erschüttert, bei denen die hohen Kosten für die Weltmeisterschaft und die 2016 anstehenden Olympischen Spiele kritisiert werden. Die Demonstranten werfen der Regierung vor, viel Geld in Prestigeprojekte zu stecken und wichtige andere Aufgaben zu vernachlässigen. Die WM wird am 12. Juni in São Paulo eröffnet. Im Bundesstaat Sergipe befindet sich kein Austragungsort.

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