Bluttat in Berlin:Ein Rätsel mit vielen Unbekannten

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Was der Auslöser für die wahllose Attacke des 16-Jährigen Täters gewesen ist, bleibt weiterhin unklar. Ermittler wie Verwandte warten auf eine Erklärung für den plötzlichen Gewaltausbruch. Die Ereignisse erneuern auch die Debatte um die Sicherheit bei der WM.

Gegen den 16 Jahre alten Amokläufer von Berlin ist am Samstagabend Haftbefehl erlassen worden. Dem mutmaßlichen Täter wird versuchter Mord in 24 Fällen und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.

Von der Vernehmung weiterer Opfer und Zeugen erhofft sich die Polizei im Laufe des Sonntags weitere Klarheit über den genauen Tathergang. "Wir müssen ein lückenloses Bild von den Vorfällen haben", sagte der Polizeisprecher Uwe Kozelnik.

Schäuble: Keine Auswirkungen auf die WM

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) bezeichnete den Amoklauf als "entsetzliche" Tat. Jedoch habe diese keine Auswirkungen auf die Sicherheitsplanungen zur Fußballweltmeisterschaft, sagte Schäuble am Samstagabend in den ARD-Tagesthemen. Niemand müsse sich Sorgen um die Sicherheit bei der WM machen. "Was immer getan werden konnte, um Risiken zu vermeiden, ist getan, wird getan." Die Vorbereitungen auf die WM seien "so gründlich, so umfassend, so sorgfältig wie noch nie bei einem Ereignis vergleichbarer Größenordnung".

Das "tragische Ereignis" in Berlin stehe in keinerlei Zusammenhang mit der Weltmeisterschaft, so der Innenminister. Es gebe bei großen Menschenansammlungen immer gewisse Risiken, "die man nicht letztlich ausschließen kann". Dennoch seien auch die geplanten Sicherheitsvorkehrungen für Übertragungen von WM-Spielen auf öffentlichen Plätzen ausreichend.

Zwar sei das so genannte "Public Viewing" in jeder Stadt anders. Vielerorts seien jedoch Einlasskontrollen oder auch Video-Überwachungen geplant, so Schäuble weiter.

Der verhaftete Hauptschüler aus Berlin-Neukölln hatte am Freitagabend wahllos auf Passanten eingestochen und dabei 28 Menschen verletzt. Sechs trugen schwere Stichwunden davon. Die Tat ereignete sich im Regierungsviertel am Rande der Feierlichkeiten zur Eröffnung des neuen Berliner Hauptbahnhofes. Das Motiv des Täters, der stark angetrunken war, blieb zunächst unklar.

Ein älterer Bruder beschrieb den 16-Jährigen als liebenswürdigen Menschen. "Irgendetwas muss gewesen sein, dass er nicht mehr wusste, was er macht", sagte er in der Abendschau des rbb-Fernsehens. Sein Bruder schreibe Gedichte für seine Freundin, sei lieb zu seinem Neffen und zu seinen kleinen Geschwistern.

Eines der ersten Opfer der Messerattacke räumte in einer Vernehmung ein, mit dem Aids-Virus infiziert zu sein. Daraufhin wurden Verletzte mit Stichwunden und Ersthelfer, die Blutkontakt hatten, aufgefordert, sich im Virchow-Klinikum oder der Charité untersuchen zu lassen.

Bis zum Abend meldeten sich 21 Betroffene in den beiden Krankenhäusern. Sie wurden nach Auskunft der Charité sofort mit virushemmenden Medikamenten versorgt. Diese sind bei Einnahme in den ersten 24 Stunden nach einer Ansteckung am wirksamsten.

Unter Jugendlichen in Berlin sind Messerstechereien keine Seltenheit: Die Jugendkriminalitätsstatistik weist für das vergangene Jahr 612 Straftaten mit Messern aus, wobei allerdings nicht immer Menschen zu Schaden kamen.

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