Blutbad in Blacksburg:"Ihr habt mich gezwungen, dies zu tun"

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Der Täter ist identifiziert. Nach Angaben der Polizei erschoss der 23-jährige Cho Seung-Hui die 32 Menschen auf dem Campus der Virginia-Tech-Universität. Nach weiteren Quellen hat der Amokschütze einen hasserfüllten Abschiedsbrief hinterlassen.

Nur wenige Stunden, nachdem die Identität des Amokläufers von der Virginia-Tech-Universität geklärt wurde, gibt es nun Informationen über mögliche Beweggründe der Blutat.

Im Wohnheimzimmer des Studenten Cho Seung Hui sei ein mehrseitiges Schreiben entdeckt worden, in dem sich der 23-Jährige gegen "reiche Kinder", "betrügerische Scharlatane" und "Ausschweifungen" auf dem Campus der Virginia-Tech-Universität in Blacksburg auslässt, berichten US-Medien am Dienstag unter Berufung auf Ermittler. "Ihr habt mich gezwungen, dies zu tun", zitierte der Fernsehsender ABC aus dem Schreiben, das von Ermittlern als "verstörend" bewertet wurde.

Aggressives und verwirrtes Verhalten

Nach Informationen des Fernsehsenders soll Cho zunächst in seinem Wohnheim zwei Menschen erschossen haben und sei dann in sein Zimmer zurückgekehrt, wo er sich neu bewaffnete und das Schreiben zurückließ, berichtete ABC weiter. Den Angaben zufolge besorgte sich Cho die Schusswaffen erst kurz vor der Tat. Die Neun-Millimeter-Pistole habe er sich erst am Freitag gekauft, wenig später habe er sich eine 22-Millimeter-Waffe zugelegt. In seinem Rucksack habe sich weitere Munition befunden.

Die Chicago Tribune berichtete, Cho sei in letzter Zeit durch seltsames Verhalten aufgefallen. Er sei "aggressiv und verwirrt" aufgetreten, habe Frauen nachgestellt und in einem Wohnheim Feuer gelegt, erfuhr die Zeitung von Ermittlern. Zeitweise habe er möglicherweise Medikamente gegen Depressionen genommen. Aus Gerichtsunterlagen geht auch hervor, dass er erst vor wenigen Tagen einen Strafzettel wegen Geschwindigkeitsüberschreitung erhalten hatte.

Über den Täter ist ansonsten wenig bekannt. Er studierte Englisch im Hauptfach und lebte in Harper Hall, einem Wohnheim auf dem Campus der Virginia Tech University. 1992 war er im Alter von drei Jahren in die USA gekommen und besaß als so genannter "dauerhafter Einwohner" eine "Green Card". Dieser Status ermöglicht es im Staat Virginia, wie US-Bürger legal Waffen zu erwerben.

Chos Eltern leben in der Stadt Centreville nahe der Bundeshauptstadt Washington und über 700 Kilometer vom Tatort entfernt und sollen eine Reinigung betreiben. Der Sender CNN zeigte Bilder des makellos gestrichenen zweistöckigen Reihenhauses der Familie. "Er (Cho) war sehr ruhig, hat sich immer von anderen fern gehalten", zitierte die Chicago Tribune einen Nachbarn. Briefträger Rod Wells, der die Familie seit langem mit Post beliefert, beschrieb Mutter und Vater als stets freundlich und höflich. "Keine Eltern verdienen so etwas" sagte er sichtlich erschüttert.

Streit mit einer jungen Frau

Andere Quellen legten ein Liebesdrama als Auslöser der Tat nahe. Der Amoklauf begann einem Mitstudenten zufolge nach einem Streit des Täters mit seiner Freundin. Der Schütze habe die Frau im Streit erschossen, berichtete am Dienstag ein Student aus Taiwan in einem Interview des taiwanesischen Kabelfernsehkanals CTI.

Einen Mann, der den Streit schlichten wollte, habe er ebenfalls getötet. Etwa zweieinhalb Stunden später wurden in einem zweiten Gebäude auf der anderen Seite des Campus 30 Menschen erschossen. Die meisten der Opfer wurden in Vorlesungsräumen getötet, ein Teil von ihnen starb während eines Deutschkurses.

Augenzeugen berichteten, der Amokläufer sei unbeschreiblich kaltblütig vorgegangen und habe seine beiden Waffen mehrere Male in Seelenruhe nachgeladen.

Ein Waffenexperte sagte, der Schütze müsse mehrere Schachteln Munition mit sich gebracht haben. Ein Krankenhaussprecher sagte, alle Verletzten wiesen mindestens drei Schusswunden auf. Eine Augenzeugin berichtete CNN über den Schützen: "Er war wie ein Pfadfinder gekleidet."

Am Montagmorgen waren zunächst in einem Wohnheim auf dem Campus zwei Menschen erschossen worden. Etwa zweieinhalb Stunden später wurden in einem anderen Gebäude 30 Menschen erschossen, bevor sich der Täter dann selbst umbrachte. Die Toten seien in vier Hörsälen und im Treppenhaus entdeckt worden.

© sueddeutsche.de/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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