Blauer Dunst:Erstmals drastischer Rückgang des Tabakkonsums

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Die Bundesregierung hat in den letzten Jahren die Tabaksteuer kräftig angehoben. Vielen Rauchern schmeckt das gar nicht: Der Zigarettenkonsum ist so stark zurückgegangen wie noch nie.

Die Zahl der Raucher in Deutschland geht erstmals seit Bestehen der Bundesrepublik drastisch zurück.

"Rauchen kann tödlich sein", steht auf den Zigarettenpackungen. Immer mehr Menschen scheinen diese Warnung ernstzunehmen. (Foto: Foto: dpa)

Hauptgrund sind die Erhöhungen der Tabaksteuer, wie eine Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums und der Universität Köln ergab. Demnach sank der Tabakkonsum zwischen 2002 und 2004 um zwölf Prozent von jährlich 168 Milliarden auf 148 Milliarden Zigaretten.

"Eine solche Entwicklung hat es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie gegeben", sagte Studienleiterin Martina Pötschke-Langer in Heidelberg.

Als besonders erfreulich werten die Experten die Entwicklung bei den Jugendlichen: Unter den 12- bis 17-Jährigen sank der Raucheranteil von 28 Prozent im Jahr 2001 auf 20 Prozent 2005.

Einen weiteren Rückgang erhoffen sich Gesundheitspolitiker und Mediziner von der nächsten Stufe der Steuererhöhung: Am 1. September steigt die Abgabe pro Zigarette um weitere 1,2 Cent - es ist damit bereits die fünfte Tabaksteuererhöhung seit 1. Januar 2002. Insgesamt stieg die Steuer in diesem Zeitraum um 5,6 Cent pro Glimmstängel.

Für Jugendliche werden Glimmstengel zu teuer

Nach einer Umfrage der Bundesregierung haben allein seit Dezember vergangenen Jahres 7,5 Prozent der Raucher in Deutschland wegen der Steuererhöhungen mit dem Rauchen aufgehört. Dieser positive Trend wird sich nach Überzeugung der Drogenbeauftragten der Regierung, Marion Caspers-Merk, ab 1. September weiter verstärken.

Vor allem für die besonders preissensiblen jungen Menschen mit wenig Taschengeld würden die Zigaretten immer unattraktiver, sagte die SPD-Politikerin.

Sie verwies besonders auf die wirtschaftlichen Folgen eines Rückgangs der Raucherquote, der parallel auch zu einem Rückgang der Produktivitätsausfälle führe. Schließlich fehlten Raucher im Schnitt zwei volle Arbeitstage im Jahr mehr als ihre nichtrauchenden Kollegen. Caspers-Merk appellierte daher an die Unternehmen, den Nichtraucherschutz stärker auszubauen und sich für Tabakausstiegs-Programme zu engagieren.

Jährlich 8.500 Todesfälle weniger

Als Folge des Absatzrückgangs durch die Tabaksteuererhöhungen erwarten die Autoren der neuen Studie künftig jährlich rund 12.000 Krankheits- und 8.500 Todesfälle weniger. Dadurch werden der Untersuchung zufolge dem Gesundheitssystem und der Volkswirtschaft langfristig Kosten in Höhe von 2,2 Milliarden Euro pro Jahr erspart.

Nach Angaben des Krebsforschungszentrums sind derzeit noch jährlich 110.000 bis 140.000 Todesfälle auf das Rauchen zurückzuführen. Damit sterben pro Tag bis zu 380 Menschen an den Folgen ihrer Nikotinsucht. Rauchen gilt als die wichtigste Ursache für Herz-Kreislauf-Krankheiten, Krebs sowie chronisch obstruktive Bronchitis.

Die Behandlung tabakbedingter Krankheiten, Rehabilitationsmaßnahmen und krankheitsbedingte Produktivitätsausfälle verursachen den Angaben zufolge jährlich Kosten in Höhe von fast 30 Milliarden Euro. Etwa die Hälfte aller regelmäßigen Raucher stirbt vorzeitig.

Auch Feinschnitt stärker besteuern

Das Krebsforschungszentrum forderte zugleich, Zigaretten und Feinschnitt künftig gleich hoch zu besteuern. Dann wäre der Rückgang des Tabakkonsums noch größer: Denn wegen des großen Preisunterschiedes von fast 13 Cent pro Stück zwischen Fabrikzigaretten und Selbstgedrehten stiegen viele Raucher auf losen Tabak um, anstatt weniger zu rauchen oder ganz damit aufzuhören.

Notwendig seien außerdem eine wirksame Kontrolle des Zigarettenschmuggels, eine rauchfreie Umgebung, ein umfassendes Tabakwerbeverbot, Aufklärungskampagnen, drastische Warnhinweise sowie Angebote der Tabakentwöhnung.

Die Europäische Union hat inzwischen ein Werbeverbot für Tabak erlassen, allerdings ist es in Deutschland noch nicht in Kraft getreten. Die Bundesregierung hatte die Maßnahmen zwar begrüßt und die Umsetzung im Kabinett beschlossen. Der unionsdominierte Bundesrat lehnte das Verbot jedoch ab.

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