Geschichte:Mobil im Mittelalter

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Moderne Transportmittel wie Autos oder Flugzeuge lassen uns glauben, Mobilität wäre eine Erscheinung der Neuzeit. Doch auch für die Menschen des Mittelalters gehörte Beweglichkeit und Flexibilität zum Alltag.

Alexa Weyrauch-Pung

Es sind vor allem die modernen Transportmitteln, also Auto, Eisenbahn und Flugzeug, die wir mit den Begriffen Mobilität und Flexibilität verbinden. Sich jederzeit von einem Ort zum anderen bewegen zu können, gilt heute als notwendige Voraussetzung für ein angenehmes Leben in Wohlstand. Doch was viele Menschen für ein Phänomen der Gegenwart halten, ist überhaupt nichts Neues.

Zu allen Zeiten haben sich Menschen freiwillig oder notgedrungen auf den Weg gemacht, auf der Suche nach einem besseren Leben oder auf der Flucht vor einem schlimmeren.

Ganz besonders galt dies im Frühen Mittelalter. In der Zeit vom 6. bis zum 10. Jahrhundert, als nach dem Zusammenbruch des Römischen Reiches die fränkischen Merowinger und Karolinger weite Teile Mitteleuropas zu einem eigenen Reich vereinigten und auch gleich christianisierten, gab es viele Gründe, sich auf den Weg zu machen. Während die einen vor Krieg, Naturkatastrophen und Armut flohen, waren andere - wie heute - auf der Suche nach Arbeit und Profit.

Es war viel los auf den Straßen

Es war demnach einiges los auf den Straßen des Fränkischen Reiches: Ganze Kriegsheere zogen mit ihrem Tross von einem Einsatzort zum anderen. Die Könige, begleitet von Frau und Kindern nebst reichlich Hofstaat, hatten keine feste Residenz, sondern zogen zu Pferde oder Wagen durch ihr Reich, um durch ihre persönliche Anwesenheit überall für Ordnung zu sorgen und Recht zu sprechen.

Bauern waren mit Vieh und Waren unterwegs zum Markt, oder auf der Suche nach neuen Siedlungsgebieten - etwa weil ihre Dörfer zerstört oder die Ernten vernichtet waren. Sie begegneten Handwerkern auf der Suche nach Aufträgen, Aussätzigen und Kranken, Pilgern, Spielleuten und anderem fahrenden Volk. Dann gab es noch Räuber und flüchtige Verbrecher.

Und nicht zuletzt legten die Kaufleute weite Strecken zurück. Denn trotz der nahezu alle paar Kilometer zu entrichtenden Zölle und anderer überall lauernden Gefahren, von denen die Abzocke in den Wirtshäusern noch die geringste war - für die Händler lohnten sich die weiten Wege meist.

Handelszentren am Hellweg und am Main

Davon wiederum profitierten natürlich jene Siedlungen, die verkehrsgünstig an überregionalen Handelswegen lagen. Das heute kaum mehr bekannte Balhorn bei Paderborn zum Beispiel lag am Hellweg, der Jahrhunderte lang eine der wichtigsten West-Ost-Verbindungen Mitteleuropas war. Und Karlburg bei Würzburg hatte mit dem Main eine vielbefahrene Wasserstraße vor den Haustüren seiner Bewohner.

An beiden Orten haben in den letzten Jahren neue Ausgrabungen und Forschungsprojekte stattgefunden, die zahlreiche weitere Belege für das weitgespannte Handelsnetz des Frühen Mittelalters geliefert haben und so gaben die Fundstücke aus Keramik, Glas, Edelmetallen und -steinen, die aus verschiedenen europäischen Regionen, wie England und Byzanz importiert wurden den Anlass für eine Ausstellung, die nun in Paderborn und danach in Würzburg gezeigt wird.

Ergänzt werden diese Funde durch jeweils dazu passende internationale Leihgaben aus verschiedenen europäischen Museen. So entdeckten die Archäologen in Balhorn einen Gürtelbeschlag aus dem 5. Jahrhundert aus vergoldeter Bronze, dessen Gegenstücke aus Ostengland stammen. Ein anderes Stück, das Fragment eines Reitersporns aus dem 9. Jahrhundert, hat seine stilistischen Verwandten in Kroatien, und ein mittelalterlicher bronzener Nussknacker stammte wohl ursprünglich aus Dänemark.

Zusätzlich veranschaulichen die Museen die frühmittelalterliche Mobilität durch Inszenierungen und Rekonstruktionen wie dem Nachbau eines mittelalterlichen Wagens. Und der hat seine Testfahrt auf dem ehemaligen Hellweg bereits heil überstanden.

Die Ausstellung "Eine Welt in Bewegung - Unterwegs zu den Zentren des frühen Mittelalters" kann vom 26.4. bis zum 20.7.2008 im Historischen Museum im Marstall, Paderborn-Schloss Neuhaus und vom 12.8. bis um 16.11.2008 im Mainfränkischen Museum Würzburg, Festung Marienberg besichtigt werden.

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