Bischof Mixa im Portrait:Der eiserne Hirte

Lesezeit: 3 min

Lächeln und strafen: Wie sich der Augsburger Bischof Walter Mixa den Ruf eines Ultrakonservativen erworben hat.

Für Augsburgs Bischof Walter Mixa war es eine Art Hochamt, das er am Sonntag vor einem Millionenpublikum zelebrieren durfte: In der ARD-Talkshow "Christiansen" erklärte seine Exzellenz, warum sie meint, Frauen würden durch die Pläne von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen zu "Gebärmaschinen" degradiert.

Für markige Worte ist der 65-Jährige, der auch Militärbischof ist, bekannt. "Schluss mit der katholischen Feigheit", sagte er bei einem Vortrag in der ehemaligen Synagoge im schwäbischen Ichenhausen; in seiner Weihnachtspredigt rief er zum "Glaubens-TÜV" auf; die schwäbischen Unternehmer warnte er als Gast beim Neujahrsempfang der Industrie- und Handelskammer davor, den "Menschen auf eine bloße Kosten-Nutzen-Relation" zu reduzieren.

Mit seinen jüngsten Äußerungen zur Familienpolitik hat er aber so polarisiert wie selten zuvor. Auch in der katholischen Kirche fragt man sich, was ihn dabei geritten hat. Ein "Freund markanter Worte" sei der Bischof eben, sagt einer, der ihn kennt, doch überwiegend herrscht in Kirchenkreisen die Meinung vor, Mixa wolle sich selbst gezielt ins Gespräch bringen. Im Münchner Ordinariat vermutet man ein kalkuliertes "Bewerbungsschreiben für den Stuhl des Erzbischofs", mit dem Mixa sich als Vertreter der wahren katholischen Position präsentieren wolle.

Gassi mit dem Dackel

Dass Mixa die Nachfolge von Kardinal Friedrich Wetter gerne antreten würde, gilt als offenes Geheimnis. Viele Chancen werden dem Mann, der in der Freisinger Bischofskonferenz für die Frauenseelsorge zuständig ist, allerdings nicht eingeräumt. Nicht zufällig sei er im Juli 2005 zum Bischof von Augsburg ernannt worden - mit diesem wichtigen Amt habe man ihn aus der Reihe der potentiellen Wetter-Nachfolger ausschließen wollen.

In München indes wissen viele momentan nicht, wer als Erzbischof - sollte nicht der momentan wohl aussichtsreichste Kandidat, der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick berufen werden - das kleinere Übel wäre: Mixa oder der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller. Beide stehen dem ebenso konservativen wie einflussreichen Kölner Kardinal Joachim Meisner nahe. Während Müller aus seiner stramm konservativen Ausrichtung keinen Hehl macht, wirkt Mixa im Umgang mild und jovial. Im Grunde aber, sagt ein Insider aus dem Bistum Augsburg, "ist er doch ein Fürstbischof, der sich als Bischof zum Anfassen gibt".

Das erlebten bereits die Katholiken im Bistum Eichstätt, wo 1996 mit Walter Mixa ein neuer Geist in das Bischofshaus einzog. Hatte sich sein Vorgänger Karl Braun hinter den dicken Ordinariatsmauern weitgehend verschanzt, pflegte Mixa von Anfang an einen offenen Stil des Umgangs.

Ein Bischof, der mit dem Dackel an der Leine Semmeln einkaufte und dabei mit der Bäckersfrau und der Kundschaft im Laden plauderte, war für die Eichstätter eine völlig neue Erfahrung. Und in manch kleiner Landpfarrei staunten die Gläubigen, wenn am Sonntag anstelle des erkrankten Ortspfarrers plötzlich der Bischof höchstselbst die Messe zelebrierte. So erwarb sich Mixa schnell den Ruf eines unkonventionellen Diözesanhirten.

Mehr Seelsorger als katholischer Würdenträger - das war die eine Seite. Die andere war die Rigorosität, mit der Mixa durchgriff. Bekanntestes Opfer war Bernhard Kroll, Pfarrer von Großhabersdorf bei Fürth. Als dieser 2003 über alle vorherigen Verbote hinweg beim ökumenischen Kirchentag in Berlin an einem evangelischen Abendmahl teilnahm, suspendierte ihn Mixa umgehend.

Hinter der Leutseligkeit des Bischofs kam plötzlich ein kirchenpolitisch knallharter Konservativer zum Vorschein. Im Domkapitel soll die Stimmung gegen Ende seiner Eichstätter Zeit auch nicht mehr die beste gewesen sein. Mixa sei eitel und weiche keiner Kamera aus, hieß es spöttisch. Für großen Unmut hatte zudem gesorgt, dass er im Priesterseminar Kandidaten aufgenommen hatte, die andernorts als zu konservativ und fanatisch abgewiesen worden waren.

Auch in Augsburg bewahrheitet sich jetzt, was nicht nur Kirchenleute bei Mixas Amtsantritt befürchtet hatten: Dass im Bistum doch ein Erzkonservativer den Kurs vorgibt. Zwar begrüßte Mixa sein Kirchenvolk mit einer Bitte: "Ich weiß auch um meine Schwächen." Doch das Verständnis, das er den Gläubigen abverlangte, stößt inzwischen an Grenzen. Beim progressiven Flügel im Diözesanrat, dem obersten Laiengremium, kamen die Ausfälle nicht gut an. Dort ist man immer noch verstimmt, dass sich Mixa in einer seiner ersten Amtshandlungen ausgerechnet von der einzigen Frau im engsten Beratergremium trennte.

Stillstand in der Ökumene

"Er ist halt ein Konservativer. Worte wie Gebärmaschinen - das ist seine Sprache", sagte eine Frau aus dem Diözesanrat, die nicht namentlich zitiert werden möchte: "Wir sind schon froh, wenn wir in unserer Arbeit nicht beschnitten werden." Die Laienarbeit genieße unter Mixa keine sonderliche Wertschätzung. Auch in der Ökumene herrscht Stillstand.

Ein halbes Jahr lang hat sich Mixa Zeit gelassen, ehe er dem evangelischen Regionalbischof Ernst Öffner einen Antrittsbesuch abstattete. Noch immer ist das Verhältnis zwischen den beiden frostig - weil aus Sicht der Protestanten nichts vorangeht. Stattdessen beschwört Mixa leidenschaftlich wie polemisch ein Familienbild, dass nicht mehr uneingeschränkt in die Zeit passt. "Ich hätte mir sachlichere Töne gewünscht", sagt Regionalbischof Öffner.

Das Landeskomitee der Katholiken reagiert zurückhaltend auf Mixas Polemiken gegen Krippen. Der Vorsitzende, Helmut Mangold, zugleich Vorsitzender des Diözesanrats im Bistum Augsburg, schätzt Mixa als "zurückhaltenden und sachlich diskutierenden" Bischof. "So populistische Äußerungen sind eigentlich nicht seine Art." Die katholische Jugend wird da deutlicher: Der Landesvorsitzende der Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), Matthias Fack, befürwortet die Pläne der Bundesfamilienministerin. Es müsse eine echte Wahlfreiheit für die Eltern geben.

Und Mixa selbst? Im Fernsehen klagte er, seine Äußerungen seien aus dem Zusammenhang gerissen worden. Er habe nichts gegen Kinderkrippen, denn schließlich sei er ja nicht von vorgestern.

© SZ vom 27.2.2007 / kaa/urit/msz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: