Birma nach dem Zyklon:"Es dauert zu lange!"

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Noch immer ist die Versorgung von 1,5 Millionen Menschen in Birma völlig unzureichend. Deshalb drohen Seuchen - und mehr Todesopfer als beim Tsunami 2004.

Trotz Hilfslieferungen ist die Versorgung der gut 1,5 Millionen Zyklon-Opfer in Birma weiterhin völlig unzureichend. Hilfsorganisationen warnen vor großer Seuchengefahr. Dadurch könnten in den nächsten Wochen mehr Menschen sterben als insgesamt beim Tsunami 2004, warnt die Hilfsorganisation Oxfam. Bei der Flutkatastrophe in Südostasien waren mindestens 230.000 Menschen ums Leben gekommen.

Birma nach dem Zyklon: Die Hilfe dauert zu lange. (Foto: Foto: dpa)

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon lehnt es trotz der Verzögerungen bei der Katastrophenhilfe ab, den Weltsicherheitsrat einzuschalten. Gleichwohl machte Ban seine Verärgerung über die mangelnde Kooperation der Militärjunta in Birma deutlich. "Ich möchte meine tiefe Sorge und gewaltige Frustration über die inakzeptabel langsame Antwort auf diese schwerwiegende humanitäre Krise zum Ausdruck bringen", erklärte er in New York.

Wenn nicht sehr schnell Hilfe ins Land komme, drohe der Ausbruch von Seuchen, die die derzeitige Krise noch klein erscheinen lassen könnten. "Wir haben absolut keine Zeit mehr zu verlieren", mahnte er.

Die für Entwicklungshilfe verantwortlichen Minister der Europäischen Union beraten am Dienstag in Brüssel über die Unwetterkatastrophe in Birma. An der kurzfristig anberaumten Konferenz wird Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) teilnehmen. Die EU will ihre Hilfe aufstocken und verhindern, dass Überlebende an Hunger, verseuchtem Wasser und Krankheiten sterben. Der EU-Kommissar für Entwicklungshilfe, Louis Michel, wollte anschließend nach Birma reisen.

Bisher ist es Ban zufolge noch nicht einmal gelungen, ein Drittel der von den Folgen des Wirbelsturms betroffenen Menschen mit Hilfe zu erreichen. Und selbst die rund 270.000 Opfer, die man habe versorgen können, hätten nur das Allernötigste bekommen.

Die Regierung in Birma gibt laut BBC die Zahl der Toten nach dem Zyklon Nargis, der am 3. Mai Teile des Landes verwüstete, nunmehr mit knapp 32.000 an. Zuvor waren 28.000 Tote genannt worden. Mehr als 30.000 Menschen gelten als vermisst. Die Vereinten Nationen gehen von bis zu 100.000 Toten aus.

Terje Skavdal vom UN-Büro für humanitäre Angelegenheiten (OCHA) sagte am Montag in Bangkok: "Wir erreichen zu wenig Leute, und es dauert zu lange." Problem sei die Militärjunta, die nur wenige Hilfsflüge ins Land lässt und fast nur Lieferungen akzeptiert, die an das birmanische Militär zur Verteilung übergeben werden. Nur einige UN- und andere Hilfsorganisationen, die einheimisches Personal im Land haben, könnten die Verteilung selbst organisieren.

Das Welternährungsprogramm (WFP) hat weniger als zehn Prozent der Leute und des Materials im Land, die angesichts der Zahl der Bedürftigen nötig sind, sagte Sprecher Marcus Prior. "Wir müssten jeden Tag 375 Tonnen Nahrungsmittel reinbringen", sagte er. "In Wirklichkeit sind es weniger als 20 Tonnen pro Tag."

Aus dem Irrawaddy-Delta strömen nach Angaben von Hilfsorganisationen Hunderttausende Überlebende Richtung Norden und suchen Unterschlupf und Hilfe in Klöstern und Schulen. Die Regierung händigt nach diesen Angaben nur eine Tasse Reis pro Familie aus.

Erstmals landete in Rangun am Montag auch eine amerikanische Militärmaschine mit 20 Tonnen Decken und Moskitonetzen. Die US-Regierung hatte über die Landegenehmigung eine Woche lang verhandelt. Sie beugte sich der Aufforderung, die Hilfsgüter beim birmanischen Militär abzugeben. Großbritannien schickte ein Kriegsschiff der Marine zum Hilfseinsatz nach Birma. Premierminister Gordon Brown kritisiert erneut den Umgang birmanischer Behörden mit internationalen Hilfsorganisationen. "Wir gehen jetzt davon aus, dass wegen der fehlenden Kooperation Birmas zwei Millionen Menschen von Hunger oder Seuchen betroffen sind", sagte Brown.

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