Betreuung von Natascha Kampusch:Schwieriger Auftrag

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Nicht immer herrscht Eintracht unter den zahlreichen Betreuern, von manchen Beratern hat sich das Opfer schon getrennt.

Wolfgang Simonitsch

Er kratzt sich am bärtigen Kinn und setzt verlegen zu einer Erklärung an. Sein Motiv, Natascha Kampusch "ehrenamtlich" vor sensationslüsternen Journalisten beschützt zu haben, sei ein schlichtes. Er habe verhindern wollen, dass Kampusch "ein zweites Mal" unter ihrer Entführung zu leiden hat, sagt der Wiener Werbeberater Dietmar Ecker.

Der erfolgreiche Geschäftsmann, Sportwagenfahrer, Hobby-Pferdezüchter und frühere Kommunikationschef der Sozialdemokraten (SPÖ) ist nicht der Einzige, der sich um das Wohlergehen des Entführungsopfers sorgt. Ein ganzes Team von Betreuern kümmert sich um die 18-Jährige, die mehr als 3000 Tage am Rand von Wien unter einer Garage gefangen gehalten wurde und vor zwei Wochen geflohen ist. Ihr Entführer war deshalb so in Panik geraten, dass er sich Stunden später von einer Schnellbahn überrollen und töten ließ.

Jugendanwältin angeblich wichtigste Bezugsperson

Deshalb muss die wegen jahrelanger Isolation stark traumatisierte Frau nun auch eine spezielle Trauerarbeit leisten, erzählt der Wiener Kinderpsychiater Max Friedrich. Auch er gehört zum fünfköpfigen Betreuerteam, das sich um Natascha Kampusch bemüht, die vor ihrem spekatulären Auftauchen jahrelang und noch vor ein paar Wochen von der Polizei in einem Baggersee gesucht worden war.

Psychiater Friedrich hat auch öffentlich einen zunächst angeblich von Kampusch geschriebenen Brief an "sehr geehrte Journalisten, Reporter, sehr geehrte Weltöffentlichkeit!" vorgelesen, in dem sie wortreich darum bittet, möglichst in Ruhe gelassen zu werden. Diese beredten Zeilen haben die Öffentlichkeit dermaßen verblüfft, dass Friedrich schließlich gestehen musste, bei diesem Appell auch selbst Hand angelegt zu haben. Manche Worte seien von ihm gewesen, sagte der Mann, der wie der Psychologe Ernst Berger häufig mit Kampusch geredet und daraus einen Brief zusammengestellt hat.

Als angeblich wichtigste Bezugsperson von Natascha Kampusch, die keinen Kontakt zu ihrem Vater Roland Koch suche und sich laut Zeitungsberichten erst am Sonntag mit ihrer Mutter einigermaßen versöhnt haben soll, wird die Wiener Jugendanwältin Monika Pinterits genannt. Sie betreut Natascha Kampusch, der von einer Polizistin offenbar übel mitgespielt worden ist. Die Uniformierte, die inzwischen aus der Umgebung von Kampusch verwiesen wurde, hatte in einer TV-Sendung freizügig über Kampusch erzählt und sogar über sexuelle Kontakte des Opfers mit dem Täter spekuliert.

Anwälte entlassen

Die Rolle der Polizei hat auch anderen Ärger verursacht. Anwälte kritisierten öffentlich, Kripo und Polizei hätten bei üppig inszenierten Pressekonferenzen zu viele intime Details über Kampusch ausgeplaudert. Auch ein den Medien überlassenes Polizei-Video, das Nataschas Verlies, aber auch Persönliches wie Kleider, Bücher und sehr private Lebensumstände zeigten, war Stoff für Debatten.

Auch die Zufriedenheit der Natascha-Berater mit den juristischen Helfern scheint sehr gering gewesen zu sein. Natascha Kampusch hat ihre Anwälte entlassen und vor ein paar Tagen das Wiener Büro von Gabriel Lansky, wie er sagt, "mit einem generellen Mandat" betraut.

© SZ vom 6.9.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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