Belgien:Dutroux schläft bei eigenem Prozess ein

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Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat in Belgien der Prozess gegen den mutmaßlichen Kindermörder Marc Dutroux und seine Komplizen begonnen. Der vorbestrafte Kinderschänder ist angeklagt, sechs Mädchen entführt und misshandelt zu haben. Vier der Opfer starben während der Gefangenschaft.

Rund acht Jahre nach dem qualvollen Tod vier entführter Mädchen hat in Belgien der Prozess gegen den Kinderschänder Marc Dutroux begonnen.

Dutroux und drei Mitangeklagte wurden in der südbelgischen Provinzhauptstadt Arlon dem Gericht vorgeführt. Strenge Sicherheitsvorkehrungen und ein beispielloses Medieninteresse begleiteten den Prozessauftakt. 1300 Medienvertreter aus Belgien und dem Ausland hatten sich zu dem Prozess angemeldet, darunter 99 Fernsehsender und Produktionsfirmen.

Das Verfahren begann mit der Auswahl von zwölf Geschworenen und ihren Stellvertretern. Sie sollen zusammen mit drei Berufsrichtern in einigen Wochen das Urteil fällen.

Der Hauptangeklagte Dutroux fiel während der Geschworenen-Wahl vorübergehend in Schlaf und wurde vom Vorsitzenden Richter Stéphane Goux zur Ordnung gerufen.

Streng abgeschirmt von der Öffentlichkeit waren Dutroux und zwei Mitangeklagte bereits rund zweieinhalb Stunden vor Prozessbeginn aus dem nahen Gefängnis von Arlon in das Gerichtsgebäude gebracht worden. Der 47-Jährige lehnte es ab, im Verhandlungssaal gefilmt oder fotografiert zu werden. Der vierte Beschuldigte, Michel Nihoul, ist nicht für die Dauer des Prozesses inhaftiert.

Der bereits als Kinderschänder vorbestrafte Dutroux ist angeklagt, Mitte der 90er Jahre sechs Mädchen im Alter von acht bis 19 Jahren entführt und misshandelt zu haben. Zwei Mädchen wurden lebend aus einem Kellerverlies in seinem Haus befreit. Vier der Opfer starben während ihrer Gefangenschaft. Außerdem wird Dutroux die Ermordung eines Komplizen, Drogenhandel und Bandenbildung zur Last gelegt.

In unterschiedlicher Weise geholfen

Die anderen Angeklagten sollen ihm bei seinen Taten in unterschiedlicher Weise geholfen haben. Sie alle sitzen während der Verhandlung hinter schusssicheren Glaswänden. Auch mehrere Angehörige der Opfer kamen ins Gericht, einige Eltern warteten weinend auf den Beginn. Verschiedene Angehörige zeigten sich zufrieden, dass der Prozess nach jahrelangen Untersuchungen und Tauziehen zwischen verschiedenen Instanzen der Justiz nun begann.

Der Rechtsanwalt Jan Fermon, der das befreite Dutroux-Opfer Laetitia Delhez vertritt, formulierte hohe Erwartungen an das Verfahren: "Laetitia erwartet Antworten auf das Wie und das Warum" ihrer Entführung vor fast acht Jahren. Noch mehr als bei den geretteten Mädchen liegen für die Eltern der getöteten Kinder die Umstände der Entführungen im Dunkeln.

Anwalt Fermon rechnet damit, dass die Richter und Geschworenen trotz der breiten Diskussion des Falls in der belgischen Öffentlichkeit unabhängig ihr Urteil fällen werden. "Sobald die Geschworenen auf ihren Plätzen sitzen - das ist meine Erfahrung als Anwalt in Schwurgerichtsverfahren - werden sie sich ganz auf ihre Aufgabe konzentrieren", sagte der Nebenklagevertreter.

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