Bayerns Bär:Noch ist der Bär los

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Finnische Hunde sollen helfen, das Tier aufzuspüren. Doch das wird nicht einfach.

Wolfgang Roth

Einen Bären zu erlegen, war einst nur für Rumäniens Diktator Nikolae Ceausescu ein Kinderspiel. Er hatte erstens reiche Auswahl, denn in dem Land halten sich etwa 7000 dieser Tiere auf. Zweitens legten seine Jäger mit Valium präparierten Honig aus, damit der Machthaber leichter Beute machen konnte.

Andreas Neuner beklagt den Tod eines Schafes in der Naehe des Lautersees bei Mittenwald. (Foto: Foto: ddp)

Mit dem in den bayerisch-österreichischen Alpen flanierenden Bären, der immer wieder Schafe reißt, ist das schon erheblich schwieriger, zumal Plan A vorsieht, das auch Bruno genannte Tier lebend zu fangen.

Problem Nummer eins: JJ1, wie er offiziell als erstes Kind der im Trentino lebenden Bäreneltern Jurka und Joze heißt, ist ausgesprochen sportlich und mobil. Er überquert Autobahnen und Flüsse, taucht einmal hier und einmal dort auf. Eine kleine Eingreiftruppe aus Berufsjägern und so genannten Bären-Anwälten aus Österreich hält sich ständig bereit, um die Beweise für den aktuellen Aufenthaltsort zu sichern.

Problem Nummer zwei: Wie kommt man an einen Bären heran, der irgendwo in der Umgebung ist? Ende der Woche sollen finnische Jäger mit karelischen Bärenhunden eintreffen. Die schwarzen oder schwarz-weiß gefleckten Hunde sind außerdem Spezialisten für die Jagd auf Elch, Luchs und Wildschwein. Sie bleiben lautlos auf der Spur, holen immer wieder ihren Jäger nach und bellen erst, wenn der Bär gestellt ist. In diesem Fall ist allerdings eher anzunehmen, dass sie an der Leine geführt werden, weil die Gefahr für frei laufende Hunde groß ist, hierzulande von einem einheimischen Waidmann erschossen zu werden.

Problem Nummer drei: Wie setzt man einen Bären außer Gefecht, ohne ihn ernsthaft zu verletzen? Henning Wiesner, Direktor des Münchner Tierparks Hellabrunn und Spezialist für die Betäubung von Wildtieren, hat sich angeboten. Er arbeitet meist aus kurzer Entfernung mit den Blasrohr, hat auf diese Weise schon Jaguare, Büffelbullen und Nashörner außer Gefecht gesetzt. Aus größerer Distanz werden Betäubungsgewehre benutzt, die mit Gasdruck einen Pfeil mit einer Art Spritze verschießen.

Als Betäubungsmittel dienen klassische Injektionspharmaka, meist aus der Gruppe der Barbiturate. Das bayerische Umweltministerium hat statt Wiesner den österreichischen Tierarzt Chris Walzer beauftragt, der als Fachmann für die Betäubung aus mehr als 30 Metern Entfernung gilt. Vermutlich hat allerdings auch eine Rolle gespielt, dass der österreichische WWF eine wichtige Funktion im Unternehmen JJ1 hat und zu Walzer beste Verbindungen pflegt. Zwei Berufsjäger mit Gewehren sollen die Aktion begleiten, die Hunde sollen den Bären beschäftigen, bis die Narkose wirkt.

Problem Nummer vier: Wie transportiert man einen Bären, der aus der Narkose erwacht? An diesem Dienstag traf eine spezielle Falle aus den USA ein, in der Bruno sicher verwahrt werden kann. Sie wird am Mittwoch Richtung Garmisch gefahren. Sponsor ist ein Unternehmen, das mit einem Bären auf Kondensmilch-Dosen bekannt wurde.

Gesetzt den Fall, das klappt alles - wohin mit dem "Problembären"? In einem Gehege wäre er sicher ein armer Hund, da sind sich die Wildbiologen einig. Im Trentino, wo die Wanderschaft ihren Anfang nahm, würden sie ihn aber wieder aufnehmen, wurde aus Italien signalisiert.

© SZ vom 7.6.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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