Außenansicht:Wer Wind sät, wird Sturm ernten

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Mississippis Gouverneur Haley Barbour, der jetzt gegen die Flut kämpft, hat Präsident Bush zur Ablehnung des Kyoto-Protokolls bewegt.

Robert F. Kennedy Jr.

Nachdem jetzt der Hurrikan "Katrina" die Küste des US-Bundesstaates Mississippi am Golf von Mexiko zerlegt hat, sollten wir uns vielleicht einmal an die Schlüsselrolle erinnern, die der Gouverneur von Mississippi, Haley Barbour, beim amerikanischen Feldzug gegen das Kyoto-Protokoll spielte. Er hat George W. Bush mit albernen Argumenten dazu gebracht, von seinem im Wahlkampf gegebenen Versprechen abzurücken, gesetzliche Obergrenzen für den Kohlendioxid-Ausstoß in den USA einzuführen.

Im März 2001 reagierte Barbour prompt mit einem dringenden Memo an das Weiße Haus auf eine überzeugende Erklärung, die Christie Todd Whitman, Leiter des amerikanischen Umweltamtes EPA, nur zwei Tage zuvor abgegeben hatte. In dieser Erklärung erinnerte der EPA-Chef Bush an sein Versprechen und bekräftigte die Notwendigkeit einer Verringerung des CO2-Ausstoßes.

Barbour, der früher Vorsitzender des Republican National Committee und Stratege in Bushs Wahlkampfteam gewesen war, vertrat nun die Interessen der wichtigsten Geldgeber für Bushs Wahlkampf aus der Industrie fossiler Brennstoffe. Sie hatten Barbour in ihre Dienste genommen, damit er die Energiepolitik des Präsidenten in ihrem Sinn beeinflusst. Barbour konnte sich dank seiner Auftraggeber sicher sein, bei der neuen US-Regierung Gehör zu finden.

Brief an Cheneys Büro

Das Dokument Barbours war überschrieben mit "Bush-Cheney Energiepolitik & CO2", und es war an Vizepräsident Dick Cheney gerichtet, dessen Büro für Energiefragen gerade ausgebaut wurde. Auch einige hochrangige Regierungsbeamte mit guten Verbindungen zu Energie- und Autokonzernen (einschließlich Energieminister Spencer Abraham, Innenminister Gale Norton, Handelsminister Don Evans, der Stabschef des Weißen Hauses, Andy Card, und Nick Calio, Koordinator der Gesetzgebung) erhielten eine Kopie.

Sie hatten großes Interesse daran, wie die Frage des Kohlendioxyd-Ausstoßes politisch geregelt wird. Bewusst überging Barbour den EPA-Chef Whitman sowie den damaligen Finanzminister Paul O'Neill, die beide dafür bekannt sind, dass sie Obergrenzen für den Kohlendioxid-Ausstoß befürworteten. In seinem Memorandum tadelte Barbour diese Insider der Bush-Regierung dafür, dass sie sich des Themas Erderwärmung annahmen, das Barbour nur als Randproblem abtat, dem sich vor allem Radikale widmeten.

"Nun kommt der Augenblick der Wahrheit", schrieb Barbour. "Die Regierung wird Farbe bekennen müssen, ob sie CO2 in ihrer Gesetzgebung und/oder bei ihrer Steuerpolitik als Schadstoff behandeln will. Die Frage ist, ob für Bush und Cheney die Umweltpolitik noch immer Vorrang hat vor der Energiepolitik, wie unter der früheren Regierung von Bill Clinton und Al Gore."

Er machte sich lustig über die Idee, den Kohlendioxid-Ausstoß deckeln zu wollen und steckte sie in die Schublade "Öko-Extremismus". Umweltbelange dürften einer guten Energiepolitik nicht im Weg stehen, wie sie die USA acht Jahre lang vermissen musste, kritisierte er.

Barbours Memorandum verfehlte nicht seine Wirkung. Es war kurz und prägnant, "geschrieben für Leute, die nicht viel Zeit zum Lesen haben, von einem, der über die Finanzen der Republikanischen Partei wacht", sagte John Walke, der in der Administration von Präsident Bill Clinton als hochrangiger Beamter für die Reinhaltung der Luft zuständig war. Am 13. März 2001 kehrte Bush seinen bisherigen Aussagen den Rücken und kündigte an, er werde eine Eindämmung des CO2-Ausstoßes nicht unterstützen.

Bush gegen Obergrenzen des CO2-Ausstosses

Dabei bediente er sich der Sprache und der Logik von Barbours Memo. Bush erklärte sich nun zum Gegner von Obergrenzen für den Kohlendioxid-Ausstoß, mit derselben Begründung, die auch Barbour in seinem Schreiben ausgeführt hatte. Die Wissenschaft sei noch nicht zu endgültigen Ergebnissen über die Folgen für den Klimawandel der Erde gelangt.

Davon kann jedoch nicht die Rede sein: Die Aussagen der Wissenschaft sind klar und deutlich. Eine Untersuchung, die unlängst von einem Klimaforscher des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in dem britischen Wissenschafts-Magazin Nature veröffentlicht wurde, führt das Überhandnehmen von zerstörerischen Hurrikanen auf die von menschlichen Einflüssen ausgehende Erderwärmung zurück.

Nun müssen wir also erfahren, was es bedeutet, den Sturm zu ernten, zu dem wir durch unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen die Saat gelegt haben - eine Abhängigkeit, die auf Betreiben von Barbour und seinen Kumpanen möglichst lange anhalten soll. Sie wirkt vernichtend und hat uns nicht nur einen verheerenden Krieg im Nahen Osten eingebrockt, sondern nun auch den Hurrikan "Katrina". Dieser Wirbelsturm vermittelt unserem Land eine Ahnung davon, welches klimatische Chaos wir unseren Kindern hinterlassen werden.

Pat Robertson, eine Ikone der republikanischen Partei, warnte im Jahr 1998, dass Hurrikane vor allem jene Gemeinden und Städte heimsuchen werden, die Gott für ihre Sünden bestrafen will. Nun, vielleicht ist es ja Barbours Memo gewesen, das "Katrina" dazu bewegt hat, im letzten Moment von New Orleans abzudrehen und ihre größte Zerstörungskraft für die Küste von Mississippi aufzusparen.

Aus dem Englischen von Eva Christine Koppold

Robert F. Kennedy Jr. ist Anwalt für Umweltrecht. Der Neffe von John F. Kennedy unterrichtet auch an der Pace-University in New York.

© ©Huffington Post SZ vom 3.9.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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