Augsburg:Polizist wegen Menschenhandel verurteilt

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Er habe die "'Ärmsten der Armen" betrogen heißt es im Richterspruch. Ein beurlaubter Polizist beschäftigte 50 Ausländer illegal und beutete sie schamlos aus.

Ein beurlaubter Polizist ist am Montag vom Landgericht Augsburg wegen Menschenhandels, betrügerischer Ausbeutung und illegaler Beschäftigung von 50 Ausländern zu drei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Ein 37-jähriger Mitangeklagter erhielt eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren wegen Beihilfe. Er hatte ein Geständnis abgelegt. Die Staatsanwaltschaft hatte für den Hauptangeklagten vier Jahre Haft, die Verteidigung Freispruch gefordert.

Der Verurteilte hat den rumänischen Erntehelfern nicht einmal den versprochenen Stundenlohn von 5,10 Euro gezahlt. (Foto: Foto: dpa)

In seiner Urteilsbegründung sagte der Vorsitzende Richter Rudolf Weigell, der 49 Jahre alte Polizeibeamte habe als Erdbeer- Plantagenbesitzer von Anfang an die rumänischen Erntehelfer in betrügerischer Absicht angestellt. Sie hätten Schein-Verträge erhalten, deren Bedeutung sie nicht kannten. Statt des versprochenen Stundenlohns von 5,10 Euro sei ihnen unter Ausnützung ihrer "hilflosen Zwangslage" lediglich ein "läppischer Vorschuss" ausgezahlt worden.

Die Rumänen hätten nicht einmal die versprochenen 1,80 Euro pro geernteter Kiste Erdbeeren erhalten. "Das war eine Faule Kiste von Beginn an", sagte der Richter. Dazu habe der Angeklagte den Helferlohn auf "üble Art und Weise" heruntergerechnet.

Nachbarn schenkten Brot

Für das Gericht bestand nicht der geringste Zweifel, dass der Angeklagte zum eigenen Nutzen die mittellosen, nicht Deutsch sprechenden Arbeiter ausgenützt und einen Vorteil von rund 20.000 Euro daraus gezogen hat. Dadurch sei für die rumänischen Helfer erheblicher Schaden entstanden. Sie waren die "Ärmsten der Armen", meinte Weigell.

Die Erntehelfer waren in ihrer Heimat mit falschen Versprechungen nach Oberndorf bei Donauwörth gelockt worden. Bei den Erdbeerfeldern waren sie in engen, unhygienischen Wohncontainern ohne Verpflegung untergebracht worden. Vor Hunger waren einige in der Nachbargemeinde zum Betteln gegangen, hatte eine 31-jährige Zeugin die Umstände vor Gericht geschildert. Als sie Hunger hatten, habe ihnen der verurteilte Mitangeklagte gesagt, sie sollten Erdbeeren essen. Nachbarn hatten den Rumänen daraufhin Brot geschenkt.

Die Verteidigung war dennoch der Ansicht, dass dem 49-Jährigen in dem Verfahren kein Menschenhandel nachgewiesen worden sei. Den Helfern habe es stets frei gestanden, ihre Arbeitszeit, den Ort und den Arbeitgeber frei auszuwählen. In seinem Schlusswort erklärte der Polizeibeamte, er habe niemanden ausnützen wollen und bedauere, was den Erntehelfern geschehen sei. Ursache dafür seien "ungünstige Umstände" gewesen. Ihm sei die Sache über den Kopf gewachsen.

Der Richter verwahrte sich aber ausdrücklich gegen den Versuch der Angeklagten, die Rumänen zu diskreditieren. Die drei vernommenen Zeugen hätten dem Gericht das Gegenteil vermittelt: Sie seien seriöse, ernst zu nehmende Menschen, die in Deutschland Geld verdienen wollten und betrogen worden seien. Einem Teil der Rumänen war nach den Vorfällen in Bayern ein Einsatz bei der Gurkenernte in Ostdeutschland vermittelt worden. Dort konnten sie bei freier Unterkunft und Verpflegung zum gesetzlichen Stundenlohn arbeiten.

Das Urteil ist bislang noch nicht rechtskräftig. Sollte der Richterspruch rechtskräftig werden, würde der Hauptangeklagte aus dem Polizeidienst endgültig entlassen. Er würde dann seinen Beamtenstatus und die Pensionsansprüche verlieren.

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