Artenschwund:Die Erde stirbt

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Die Entwicklung ist alarmierend: Täglich sterben 130 Tier- und Pflanzenarten aus, zehntausende Gattungen sind bedroht, und die Menschheit ist nicht in der Lage, etwas für den Erhalt der Ökosysteme zu tun.

Von Manuela Kessler

So düster fällt die Bilanz des siebten UN-Gipfeltreffens zum Schutz der Artenvielfalt aus, das am Freitag in der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur endete.

An Absichtserklärungen hat es auf der Konferenz nicht gemangelt, wohl aber am politischen Willen und dem nötigen Geld, konkrete Schritte einzuleiten.

Das 1992 auf dem Gipfeltreffen in Rio de Janeiro formulierte Ziel, die Umweltzerstörung bis 2010 nachhaltig einzudämmen, scheint jetzt in unerreichbare Ferne gerückt zu sein.

Missachtete Verpflichtungen

Viele der 187 Staaten, welche die UN-Konvention über die biologische Vielfalt damals unterzeichneten, hätten die eingegangenen Verpflichtungen nicht erfüllt, betonte Klaus Töpfer, der Direktor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen.

Es sind vor allem die aufstrebenden asiatischen Nationen, aber auch Norwegen, Island und Australien, die wenig tun.

Die Tatsache, dass die USA die Verträge bis heute nicht ratifiziert haben, erschwert die Umsetzung weiter.

Es sei "bemerkenswert", erklärte EU-Umweltkommissarin Margot Wallström, "dass die USA nach Leben auf dem Mars suchen. Vielleicht sollten wir auch sicherstellen, dass es in Zukunft weiterhin Leben auf unserem Planeten gibt."

Immerhin: Die Europäische Union drang in Kuala Lumpur darauf, ein weltweites Netzwerk von Schutzzonen zu schaffen. Derzeit stehen zwölf Prozent der weltweiten Landfläche und 0,5 Prozent der Ozeane unter Schutz.

Nur ein verschwindend kleiner Teil davon ist aber vor illegaler Nutzung durch Holzschlag, Jagd und Fischerei sicher. Das soll sich ändern. Die Rede ist von repräsentativen Gebieten, die den Weiterbestand aller Ökosysteme sicherstellen.

Die Konferenz versprach, entsprechende Zonen bis 2010 zu Lande und bis 2012 auf den Ozeanen einzurichten.

Die Unterhaltskosten dürften sich Fachleuten zufolge auf gut 25 Milliarden Euro im Jahr belaufen.

Ausgedehnter Artenschutz für die Ozeane

Nur gut ein Fünftel des Betrags steht zur Verfügung; wo der Rest herkommen soll, konnte auch das Treffen in Kuala Lumpur nicht klären.

Einer der wenigen handfesten Beschlüsse bestand darin, dass der Artenschutz auf die hohe See ausgedehnt wird, die 200 Seemeilen von den Küsten entfernt beginnt.

Bisher waren die Meere, die etwa 40 Prozent der Erdoberfläche ausmachen, Niemandsland gewesen in Bezug auf den Artenschutz.

Gerade aber in der Tiefsee - jenseits aller Staatsgrenzen - finden sich viele unbekannte Arten - womöglich mehr, als wissenschaftlich erfasst sind.

Fachleute schätzen, dass die 1,75 Millionen bekannten Tier- und Pflanzenarten nur ein Achtel aller Spezies auf der Erde ausmachen.

"Die Artenvielfalt der Ozeane droht schneller ausgerottet als entdeckt zu werden", sagte Thilo Maack, der Meeresexperte von Greenpeace.

Schwimmende Fischfabriken, die ihre Netze mit tonnenschwerem Gerät über die Kaltwasser-Korallenriffe in 2000 Meter Tiefe ziehen, zerstören alles, was ihnen in den Weg kommt.

Die Übeltäter, 300 von insgesamt drei Millionen Trawlern weltweit, stammen aus der EU und Russland. Wie man die Verantwortlichen fangen kann , blieb auf der Artenschutzkonferenz ebenfalls unbeantwortet.

© SZ vom 21.2. 2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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