Apotheke in Köln:Gift in Glukosemittel 

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Die Kölner Apotheke, aus der die ums Leben gekommene Mutter das Glukosegemisch erhalten hat. (Foto: Federico Gambarini/dpa)

Eine junge Mutter und ihr Baby sind nach der Einnahme des Gemisches gestorben. Jetzt ermittelt die Mordkommission.

In Köln sind eine junge Mutter und ihr ungeborenes Kind nach der Einnahme eines Glukosegemisches gestorben. Der Fall ereignete sich bereits in der vergangenen Woche. Nachdem die Ermittler einen toxischen Stoff in einem Glukosebehältnis gefunden haben, ermittelt nun die Mordkommission. Man könne nicht ausschließen, dass weiteres giftiges Material im Umlauf sei, teilte die Polizei mit.

Die 28-jährige Frau hatte das Mittel, das in der Heilig-Geist-Apotheke im Stadtteil Longerich hergestellt worden ist, eingenommen. Das teilten die Polizei und die Stadt Köln übereinstimmend mit. Als es ihr rapide schlechter ging, sei ein Notkaiserschnitt eingeleitet worden, um wenigstens ihr ungeborenes Kind zu retten. Doch die Rettungsversuche blieben erfolglos, sowohl Mutter als auch Kind starben. Die Obduktion habe ergeben, dass die Mutter an multiplem Organversagen verstorben sei.

Auch bei einer anderen Frau, die das gleiche Mittel eingenommen habe, seien Komplikationen aufgetreten. Sie habe sich unwohl gefühlt und die Einnahme daraufhin abgebrochen.

Glukosetests werden nach Informationen der Deutschen Diabetes Gesellschaft durchgeführt, um mögliche Diabetes-Erkrankungen während einer Schwangerschaft erkennen zu können.

Der Inhaber der Apotheke sagt, er könne sich die Todesfälle nicht erklären

Ein Arzt hatte beide Fälle am vergangenen Donnerstag gemeldet. Polizei und Stadt hatten am Montagabend ausdrücklich davor gewarnt, Mittel mit Glukose einzunehmen, die in der Heilig-Geist-Apotheke in Köln-Longerich zusammengestellt wurden. Patienten, die glukosehaltige Präparate dieser Apotheke besitzen, sollten sie umgehend bei der nächsten Polizeiwache abgeben. Die Stadt hat der Heilig-Geist-Apotheke vorerst untersagt, selbstproduzierte Medikamente zu verkaufen. Nach aktuellem Ermittlungsstand sind andere Apotheken nicht betroffen.

Die Todesfälle stellen den Inhaber der Apotheke nach eigenen Angaben vor ein Rätsel. "Ich bin fassungslos, ich kann es mir nicht erklären", sagte der Apothekeninhaber Till Fuxius der Deutschen Presse-Agentur. Er vertraue auf die Ermittlungen der Polizei. "Dabei bin ich Zeuge, nicht Beschuldigter", betonte der Apotheker.

Das Heilig-Geist-Krankenhaus, auf dessen Gelände sich die Apotheke befindet, ist nach eigenen Angaben nicht betroffen. Man beziehe keine Medikamente aus der Apotheke, sagte eine Sprecherin. Die Apotheke sei eigenständig und gehöre nicht zum Krankenhaus.

Der Apothekerverband warnt nun davor, selbsthergestellten Arzneien aus Apotheken zu misstrauen. Der Vorfall in der Kölner Apotheke sei "fatal", sagte Mathias Arnold, Vizepräsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). Jeden Tag stellten Apotheken große Zahlen von Rezepturen her. "Kriminelle Energie und menschliches Versagen kommt in allen Hochrisikoprozessen vor." Bei der Herstellung von Individualrezepturen haben Apotheken nach Angaben Arnolds eine umfangreiche Dokumentationspflicht. Jede Apotheke müsse die Identität der Wirkstoffe prüfen. Für jede Rezeptur müsse eine Plausibilitätskontrolle gemacht und ein Protokoll erstellt werden. Die Anforderungen für die Herstellung von Rezepturen seien "sehr deutlich nach oben gegangen."

Apotheken stellen laut Arnolds Individualrezepturen vor allem im Bereich der Dermatika zur Anwendung auf der Haut sowie Kinderarzneimittel mit geringeren Wirkstärken oder Mittel ohne Konservierungsmittel her. "Das ist ein tägliches Geschäft in den Apotheken."

© SZ vom 25.09.2019 / SZ, DPA - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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