Anruf bei ...:Pascal Jahn, attackierter Männerfriseur

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Ein Mann frisiert Männer - und zwar ausschließlich. Das gefällt nicht allen so gut.

Interview von Martin Wittmann

In Aachen führt der Friseur Pascal Jahn den "Frankenberger Barber & Social Club". In seinem Laden rasiert und frisiert der 34-Jährige Männer - und zwar nur Männer. Ein Schild am Eingang bedeutet Frauen, dass sie hier unerwünscht sind. Dieses Frauenverbot aber erregt Unmut.

SZ: Herr Jahn, was ist Ihnen widerfahren?

Jahn: Es fing vor fünf Wochen mit Graffiti an meinem Laden an: "Rasur für alle." Mein Auto wurde zerkratzt und mein Schaufenster mit Lippenstift beschmiert.

Haben Sie von der Tatwaffe Lippenstift auf einen weiblichen Täter geschlossen?

Vielleicht sind es Frauen, vielleicht sind es Neider, vielleicht kommen die Täter aus der linken autonomen Szene. Ich weiß es nicht. Auf mich persönlich ist ja noch nie jemand zugekommen, bei mir hat sich niemand beschwert. Das ist feige.

Aber zumindest das Motiv scheint klar zu sein: Wer "Rasur für alle" an den Laden schmiert, stört sich wohl an der diskriminierenden Türpolitik.

Wir sind eben ein reiner Barbershop, eine Männeroase, wo wir unter uns sind. Frauen haben ja auch ihre Räume. Die Frauen können bei uns kurz reinkommen und einen Gutschein kaufen oder einen Termin machen für ihre Männer. Mit denen dann hier Händchenhalten geht aber nicht.

Inwieweit würden Frauen die Atmosphäre denn stören?

Wenn sich hier fünf Männer ohne Filter unterhalten und dann kommt das Gequake von den Frauen dazwischen, da wäre die Stimmung im Arsch. Und wenn eine hübsche Frau hereinkommt, werden die Männer zu Jägern. Das will ich hier nicht haben.

Gibt's noch andere Tabus?

Spitzenschneiden gibt's bei uns auch nicht. Wer hier mit langen Haaren reinkommt, muss sich bewusst sein, dass die abgeschnitten werden. Wir haben uns spezialisiert auf Bartpflege und klassische Frisuren der 20er- bis 50er-Jahre. Die sehen eigentlich bei jedem Mann gut aus. Und damals gab es ja auch den Barbershop nur für Männer. Ein Meeting Point zum Klatschen und Klönen.

Ihr Geschäft heißt ja auch "Social Club". Wie entstand die Idee dazu?

Ich hatte vor diesem Laden zwei Friseursalons, da standen immer die Frauen im Vordergrund. Aber ich wollte, dass auch Männer die Zeit bekommen, die sie verdienen; dass sie nicht bloß schnell mal drankommen, während bei den Frauen die Farbe einwirkt.

Hat der Protest Ihrem Geschäft eigentlich geschadet?

Auf keinen Fall. Wir sind zu zweit und suchen händeringend nach einem dritten Friseur. Ich steh' von morgens um neun bis abends um zehn hier. Wir haben in der Vorweihnachtszeit bestimmt 55 Leuten absagen müssen.

Und wie geht's nach Weihnachten weiter?

Das Schild bleibt - wir fangen jedenfalls nicht damit an, für Frauen Intimrasuren oder Beinrasuren anzubieten.

© SZ vom 22.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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