Amoklauf in US-Schule:Familienvater tötet fünf Schulmädchen

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Im Stil einer gezielten Hinrichtung hat ein Familienvater fünf Mädchen in einer Dorfschule in Pennsylvania getötet. Nach der Tat tötete der Amokläufer sich selbst. Polizei und Angehörige rätseln über die Motive für das Massaker.

Wieder eine grausige Bluttat an einer US-Schule: Ein 32 Jahre alter Milchwagenfahrer hat am Montag eine Zwergschule im US-Bundesstaat Pennsylvania überfallen und fünf Mädchen mit gezielten Kopfschüssen getötet. Die Polizei sprach vom "Stil einer Hinrichtung". Das Motiv sei möglicherweise Rache gewesen.

Amischen-Mann vor der Dorfschule, dem Tatort (Foto: Foto: AP)

Mindestens sieben weitere Schülerinnen einer Schule der Amischen- Religionsgemeinschaft in dem kleinen Ort Nickel Mines wurden verletzt. Nach der Tat tötete sich der Mann, selbst Vater von drei Kindern, selbst. Erst am Freitag war ein Schuldirektor im US-Bundesstaat Wisconsin von einem Schüler erschossen worden, der sich gemobbt fühlte. In Colorado tötete ein Mann in einer High School eine Schülerin, nachdem er sechs Mädchen sexuell angegriffen hatte.

In Pennsylvania war Charles Carl Roberts den Angaben zufolge mit drei Feuerwaffen, 600 Schuss Munition, einem Elektroschocker und zwei Messern bewaffnet in die Schule eingedrungen.

Nachdem er die männlichen Schulkameraden hinaus geschickt hatte, reihte Roberts die Mädchen der Klasse vor der Schultafel auf, fesselte sie an den Füßen und feuerte "im Stil einer Hinrichtung" auf sie, wie Polizeichef Jeffrey Miller berichtete. Drei Mädchen waren sofort tot, zwei weitere starben später im Krankenhaus. Eines erlag seinen schweren Verletzungen in den Armen eines Polizisten.

Vier der Opfer sind US-Medienberichten zufolge zwischen 6 und 13 Jahre alt, ein fünftes ist eine zwei oder drei Jahre ältere Helferin der Lehrerin der Klasse. Die Pädagogin soll schwanger gewesen sein.

Aussagen und Briefe an seine Famile wiesen darauf hin, dass Roberts "wütend auf das Leben, wütend auf Gott" gewesen sei, sagte Miller. Der Lastwagenfahrer habe sich gezielt Mädchen als Opfer ausgesucht. Roberts habe etwa vor drei Jahren eine Tochter verloren, was möglicherweise die Tat mit ausgelöst habe, sagte der Polizeisprecher dem US-Fernsehsender NBC. Seiner Frau habe er indes gesagt, er könne nicht mehr weiter und wolle Rache nehmen für etwas, das 20 Jahre zurückliege, berichtete Miller weiter.

Nachbarn beschrieben Roberts der New York Times zufolge als jovial und allgemein beliebt. Kollegen berichteten, er sei im Laufe des Jahres jedoch mürrisch geworden, erst kürzlich habe sich Stimmung dann wieder aufgehellt. "Wir glauben, dass er an diesem Zeitpunkt den Entschluss gefasst hat, die Tat zu begehen", sagte Polizeichef Miller. "Er erschien, als wären Sorgen, als wäre eine Last von ihm abgefallen." Den Behörden zufolge ließen die Zahl der Waffen, die Menge der Munition und Kleider zum Wechseln darauf schließen, dass sich der Täter ursprünglich auf eine längere Belagerung eingestellt hatte.

"Nach dem, was wir wissen, rechnete er nicht damit, dort wieder lebend herauszukommen. Er wollte aber auch Unschuldige töten", sagte Miller. Roberts habe seiner Frau und seinen drei Kindern Briefe hinterlassen, die auf einen geplanten Selbstmord hindeuteten.

Die Polizei sieht in der Tat keinen gezielten Akt gegen die Amischen, denen der Täter nicht angehörte. Vermutlich habe Roberts die Schule ausgewählt, weil er in der Nähe wohnte und möglicherweise glaubte, es sei besonders einfach in diese Schule zu gelangen. Dort werden Kinder verschiedener Altersstufen unterrichtet.

Gemeindemitglieder zeigten sich tief erschüttert von der Bluttat. "Man liest davon, man hört davon, aber man erwartet nicht, dass so etwas derart nahe am eigenen Zuhause passiert", sagte John Fisher, der wenige hundert Meter von Tatort entfernt wohnt. Üblicherweise zeigten die Amischen ihre Gefühle nicht, berichtete Annie Beiler, die auch in der Nähe wohnt. Doch nach dem Massaker hätten viele geweint und sich voller Trauer umarmt.

Auch US-Präsident George W. Bush zeigte sich bestürzt: "Der Präsident ist sehr betrübt und beunruhigt durch die Gewalt an Schulen und Schießereien, die sich in den vergangenen Tagen in verschiedenen amerikanischen Gemeinden ereignet haben", sagte ein Sprecher. Bush berief für nächste Woche einen "Gipfel über Gewalt an Schulen" ein.

Die Gemeinde Nickel Mines liegt etwa 85 Kilometer von Philadelphia entfernt im Amischen-Land. Die Amischen sind eine christliche Religionsbewegung und lehnen die Benutzung fast aller moderner Technik wie Fernsehen und Telefon ab. Generell schotten sie sich aus religiösen Gründen weitgehend ab. Die meisten Amischen sprechen einen altdeutschen Dialekt. Wesentliche Wurzeln der Glaubensgemeinschaft liegen in der Schweiz, dem Rheinland und der Pfalz.

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