Amerika kommt nicht zur Ruhe:"Killer-Sturm" bedroht Texas

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Hurrikan "Rita" gewinnt im Golf von Mexiko immer mehr an Kraft und droht ähnlich stark zu werden wie "Katrina". Eine sechs Meter hohe Flutwelle wird befürchtet.

Hurrikan "Rita" hat sich zu einem neuen "Killer-Sturm" entwickelt, der mit zerstörerischer Kraft die 1000 Kilometer lange Küste des Bundesstaates Texas bedroht.

Hohe Wellen treffen auf den Küstenboulevard von Havana. An Kuba ist Hurrikan "Rita" bereits vorbeigezogen. (Foto: Foto: Reuters)

Ähnlich wie Hurrikan "Katrina", der vor mehr als drei Wochen New Orleans verwüstete, gewinnt "Rita" in den warmen Küstengewässern im Golf von Mexiko stündlich weiter an Kraft. "Rita" wurde am Mittwoch zum Hurrikan der Stufe 4 mit Windgeschwindigkeiten von 217 Stundenkilometer hochgestuft.

Der Hurrikan wird am Samstagmorgen mit einer bis zu sechs Meter hohen Flutwelle und schweren Regenfällen über Texas hinwegdonnern. Der texanische Gouverneur Rick Perry und die Gouverneurin von Louisiana, Kathleen Blanco, riefen den Notstand aus.

Diesmal besser vorbereitet

In Galveston an der texanischen Küste begann am Mittwoch die Zwangsevakuierung der 57.000 Einwohner. Tausende Menschen sind bereits auf der Flucht. Die US-Regierung ist nach den Worten von Heimatschutzminister Michael Chertoff besser auf "Rita" vorbereitet als auf "Katrina".

Nach Überquerung der Inselkette Florida Keys gewann "Rita" in den warmen Küstengewässern des Golfs von Mexikos an Stärke. Das Nationale Hurrikan-Zentrum in Miami (Florida) erwartet, dass "Rita" ebenso wie "Katrina" die Stufe 5 mit Windgeschwindigkeiten über 250 Stundenkilometer erreicht.

"Rita" peitschte über Stunden eine bis zu drei Meter hohe Sturmflut über Florida Keys und entwurzelte Bäume auf Kuba. Der Wirbelsturm überflutete die Städte mit starkem Regen und warf Boote aus den Häfen an die Küste.

Auch Kuba betroffen

Die einzige Landverbindung der Keys, der Küstenhighway, wurde stellenweise überflutet. Mehr als 100.000 Menschen waren aufgefordert worden, sich in Sicherheit zu bringen. US-Präsident George W. Bush erklärte die Region zum Notstandsgebiet, um schneller Bundeshilfe leisten zu können.

Auch Kuba hatte unter dem Hurrikan zu leiden. Die Straßen der Hauptstadt Havanna standen nach Angaben des US-Nachrichtensenders CNN nach den schweren Regenfällen unter Wasser. Der Strom wurde vorübergehend abgeschaltet, um Unfälle zu verhindern.

Nach kubanischen Rundfunkberichten wurden Hunderttausende aus den gefährdeten Gebieten im Norden in Sicherheit gebracht. Auch aus dem Badeort Varadero suchten Tausende sichere Gebiete auf. Vieh und Erntevorräte wurden in höher gelegene Regionen geschafft. Über Opfer und größere Schäden wurde zunächst nichts bekannt.

"Ritas" Route ist noch unklar

Auf Grund der Wetterlage steht für die Meteorologen derzeit noch nicht fest, ob "Rita" am Samstagmorgen über die Küstenstadt Galveston oder weiter südlich über Brownsville an der Grenze zu Mexiko das Festland mit aller Gewalt treffen wird.

In Galveston hatte am 8. September 1900 ein Sturm bis zu 8000 Menschen in den Tod gerissen. Im nur 80 Kilometer von Galveston entfernten Houston sind über 100.000 Katastrophenflüchtlinge aus den vom Hurrikan "Katrina" verwüsteten Gebieten in Louisiana untergebracht.

Gouverneur Perry bezeichnete den herannahenden Sturm als "ein riesiges Problem". "Wenn Sie sich bis Donnerstagmorgen nicht in Sicherheit gebracht haben, dann haben Sie ein echtes Problem", appellierte Perry an die Küstenbewohner. Der Gouverneur versetzte 5000 Nationalgardisten in Bereitschaft und rief weitere 1200 aus dem Katastrophengebiet um New Orleans zurück.

US-Heimatschutzminister Michael Chertoff bezeichnete "Rita" als neuen "Killer-Sturm". Regierung und der Katastrophenschutz hätten vorsorglich genügend Busse und Helikopter bereitgestellt.

New Orleans ist besorgt

In New Orleans bereiten sich die Behörden darauf vor, dass der Hurrikan möglicherweise Richtung Norden dreht und ein Wirbelsturm die Stadt zum zweiten Mal innerhalb eines Monats trifft. Die Zahl der Toten durch "Katrina" lag am Dienstag bei 973.

Die Behörden in New Orleans forderten alle Einwohner, die in den vergangenen Tagen zurückgekehrt waren, auf, die Stadt wieder zu verlassen. Denn die aufgeweichten Deiche könnten einem neuen Sturm mit starken Regenfällen kaum Stand halten.

Derzeit befinden sich auch noch die deutschen Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks in der Region. Mit 15 Hochleistungspumpen unterstützen sie die Ortskräfte dabei, die überflutete Stadt trockenzulegen. Nach den bisherigen Planungen endet ihr Einsatz Ende des Monats. Der Nachrichtensender CNN berichtete, New Orleans sei weitgehend leer gepumpt und die Sonne müsse den Rest erledigen.

Ölpreis geht wieder nach oben

"Rita" hat unterdessen den Ölpreis zeitweise wieder um mehr als einen Dollar auf über 67 Dollar pro Barrel steigen lassen.

An der New Yorker Börse lag der Preis für ein Barrel (159 Liter) leichtes US-Öl der Sorte WTI am Nachmittag bei 67,10 Dollar. Das waren 0,87 Dollar mehr als bei Handelsschluss am Dienstag. Das Rekordhoch vom 30. August mit 70,85 Dollar bleibt somit in Reichweite.

Damit wendete sich der am Dienstag durch einen OPEC-Beschluss ausgelöste Trend zu fallenden Preisen. Die Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) hatte angekündigt, die Fördermenge um zwei Millionen Barrel zu erhöhen.

Es wird befürchtet, dass der Hurrikan "Rita" wichtige Raffinerien und Ölanlagen in der Region in Mitleidenschaft ziehen könnte. Die Bohrtürme im Golf von Mexiko wurden schon evakuiert.

Erst vor knapp einem Monat hatte der Hurrikan "Katrina" dasselbe Gebiet heimgesucht und schwere Schäden nicht nur in New Orleans, sondern auch in der Ölindustrie der Region verursacht. Auch Texas ist ein wichtiger Ölstandort.

Ungewöhnlich viele heftige Stürme

"Rita" ist der 17. tropische Wirbelsturm der Saison und der fünfte Hurrikan mit verheerender Stärke. Normalerweise rechnen Meteorologen nur mit zwei derartig kräftigen Stürmen in einer Saison, die von Juni bis Ende November dauert. Der Rekord der Wirbelstürme liegt bei 21 im Jahr 1933.

© sueddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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