Aktionärs-Club:Dabei bleiben ist alles

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Dem langen Geraune folgte eine glamourfreie Eröffnungsparty - nun ist der aktienfinanzierte Berliner Club "Goya" zum Erfolg verdammt.

Marcus Jauer

Ein neuer Club hat in der Hauptstadt eröffnet. Er befindet sich am Nollendorfplatz in einem Jugendstilbau, der in seiner hundertjährigen Geschichte zuerst Theater, später Pornokino, Konzertsaal und Diskothek gewesen ist. Zuletzt stand er lange leer. Dann kam ein in Westberlin anerkannter Barbetreiber auf die Idee, für elf Millionen Euro daraus wieder einen Ort zu machen, an dem man essen, trinken, tanzen kann. Leider wollte der Barbetreiber so viel Geld nicht allein ausgeben. Darum ist in der Stadt zuletzt mehr über das "Goya" zu hören gewesen, als darüber eigentlich zu sagen wäre.

Es ist Donnerstagabend, Peter Glückstein betritt in einem glänzend roten Anzug die Bühne des Clubs. Er sagt, er wolle in diesem Haus etwas Einzigartiges erschaffen. Vor ihm liegt der 15 Meter hohe Ballsaal, eingerahmt von starken Säulen, zwischen denen zwei übereinander liegende Galerien bauchig in die Mitte des Raumes drängen. Alles ist in Weiß gehalten. Von der Decke hängen Kronleuchter mit Kerzen. "Die Legende ist Wirklichkeit", sagt Glückstein. Seine 2000 geladene Gäste klatschen. Sie sind gekommen, um Anteil zu nehmen, schließlich haben einige von ihnen eine Aktie darin.

Das "Goya" ist ein aktienfinanzierter Club. Leute kauften Anteile, bis zu 3960 Euro je Stück, und bezahlten damit den Umbau des Theaters. Zuvor musste man ihnen jedoch erst weismachen, das "Goya" sei etwas, bei dem sie unbedingt dabei sein sollten. Darum war ständig etwas über den Club zu hören. Über die Architektur, die von Hans Kollhoff entworfen wurde. Über die Musik, die von bekannten DJs angerichtet und das Essen, das von begabten Köchen abgemischt werden würde. Außerdem hieß es, Prominente wie der Schauspieler Dominic Raacke, der Maler Markus Lüpertz und die Sportlerin Franziska van Almsick hätten Aktien gekauft. Leider war dann keiner von ihnen bei der Eröffnung dabei.

Westberlin hat endlich seinen Tempel

So kam es, dass - nachdem Frank Zander offenbar unentschuldigt fehlte - der Schauspieler Rolf Zacher so häufig fotografiert wurde wie lange nicht. Sammy Brauner, der der Sohn des Filmproduzenten Atze Brauner ist und Ben Kingsley zuletzt die Frau ausgespannt hat, war der Stargast des Abends. Westberlin hat endlich seinen Tempel. Er wird in Zukunft donnerstags, freitags und samstags für Partys offen sein und, wenn er jeden Tag etwa 900 Gäste hat, sich auch rentieren. Das ist für seine Aktionäre nur zu hoffen.

Ihre Mehrheit wird von Ärzten, Anwälten und Psychoanalytikern gestellt, auch ein Schornsteinfeger und ein Schädlingsbekämpfer sind unter ihnen. Entsprechend glamourös sah die Veranstaltung aus. Natürlich gibt es auch in Westberlin Menschen, die ein Sakko oder ein schulterfreies Abendkleid besitzen, man trägt hier offensichtlich nur gern ein Karohemd oder aber eine flächendeckende Tätowierung darunter. Einige Gäste wären an diesem Abend in die Clubs, für die Berlin eigentlich bekannt ist, wohl nicht hineingekommen. Aber jetzt haben sie ja ihren eigenen und - so lange sie dort Aktionär sind - auch lebenslänglich freien Eintritt. Es ist wirklich wichtig, dass das "Goya" ein Erfolg wird. Dann gehen sie nämlich nirgendwo anders mehr hin.

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