Airbus-Absturz:Air France warnte schon 2008 vor Sonden-Problem

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Hätte der Absturz des Flugs AF 447 verhindert werden können? Warnungen zu den Tempomessern gab es - und ihr Austausch wäre offenbar leicht möglich gewesen.

Eine Pilotengewerkschaft der Air France hat ihre Mitglieder wegen des Flugzeugabsturzes über dem Atlantik, bei dem 228 Menschen ums Leben kamen, vor den Airbus-Maschinen gewarnt. Die kleine Gewerkschaft Alter forderte die Piloten auf, einen Flug mit einer A330/A340 abzulehnen, solange nicht mindestens zwei der drei Geschwindigkeitssensoren erneuert würden.

Geborgenes Seitenleitwerk: Das Wrackteil könnte den Ermittlern entscheidende Hinweise auf die Absturzursache liefern. (Foto: Foto:)

Diese stehen im Verdacht, für den Absturz der A330-200 am Pfingstmontag auf dem Flug von Rio de Janeiro nach Paris verantwortlich zu sein, weil sie eine falsche Geschwindigkeit gemeldet haben könnten. Vor dem Unglück sollen drei der sogenannten Pitotsonden um 50 Kilometer pro Stunde abweichende Werte angezeigt haben.

Die Gewerkschaft erklärte, Air France hätte alle Maschinen mit den alten Sensoren aus dem Verkehr ziehen müssen. "Wir rufen nicht zum Boykott der Flugzeuge auf", sagte ein Alter-Sprecher der dpa in Paris am Dienstag. "Wir wollen aber ein Minimum an Sicherheit durchsetzen." Mindestens zwei der drei Sonden je Flugzeug müssten auf dem neuesten Stand sein.

Air France hatte am Wochenende angekündigt, den Austausch der Sensoren bei allen Langstreckenflugzeugen zu beschleunigen, ohne jedoch hierfür einen genauen Zeitrahmen zu nennen. Mit der Erneuerung hat die Fluglinie nach eigenen Angaben bereits vor fünf Wochen begonnen, nachdem es zu Vereisungsproblemen mit den Sensoren gekommen war. Ob die Probleme den Flug AF 447 zum Absturz brachten, ist derzeit ungeklärt.

Aber die Fluglinie liefert nun einen genauerer Zeitplan für die Erneuerung der Technik nach: Binnen Tagen sollen die restlichen umstrittenen Geschwindigkeitsmesser an den Airbus-Maschinen ausgetauscht werden. Air France habe einen Zeitplan vorgelegt, um die alten Sensoren an allen Langstreckenmaschinen vom Typ A330 und A340 auszuwechseln, teilte die Pilotengewerkschaft SNPL am Dienstag mit.

Laut Air France hat seit Montag jede der Maschinen dieser Typen mindestens eine neue Sonde, neun von etwa 35 Maschinen wurden schon mit zwei neuen Sonden ausgestattet. Nach Angaben der Gewerkschaft Alter hat jedes Flugzeug drei Geschwindigkeitsmesser.

Die Fluggesellschaft hatte ihre Piloten schon vor Monaten vor Problemen mit den Geschwindigkeitsmessern bei der A330 gewarnt. Das geht aus einem auf den 6. November datierten Memo hervor, das der Nachrichtenagentur AFP vorliegt. Darin ist von einer "beträchtlichen Zahl von Zwischenfällen" in Verbindung mit Tempomessern an Airbus A330 und A340 die Rede. Die Zwischenfälle seien auf "Anomalien" an diesen Messgeräten zurückzuführen.

Das zweiseitige Dokument listet falsche Geschwindigkeitsmessungen, unterschiedliche Geschwindigkeitsangaben auf den Kontrollschirmen von Pilot und Kopilot und das Abschalten des Autopiloten auf.

Der Austausch der Sonden ist einfach und nicht teuer, doch es mangelt Experten zufolge an Nachschub der Hersteller. Fehlmessungen der Geschwindigkeit sind nach Airbus-Angaben nicht ungewöhnlich. Es gibt deswegen extra Verhaltensregeln für die Piloten. Die Luftfahrtbehörden und die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) sahen bisher in den Fehlmessungen keinen Anlass, auf einen schnelleren Austausch der Messgeräte zu drängen.

Unterdessen ist das Seitenleitwerk der abgestürzten Air-France-Maschine von Suchmannschaften im Atlantik geborgen worden. Das Wrackteil könnte den Ermittlern entscheidende Hinweis auf die Absturzursache liefern. Mittlerweile wurden nach Militärangaben acht weitere Leichen aus dem Meer geholt. Damit sind inzwischen 24 der 228 Insassen tot geborgen worden.

Videoaufnahmen auf der Website der brasilianischen Luftwaffe zeigen das Leitwerk mit den blau-roten Streifen von Air France noch in seiner charakteristischen Dreiecksform und offenbar ohne Brandspuren. Offenkundig wurde es in einem Stück vom Rumpf abgetrennt. Ein US-Experte für Flugzeugabstürze, William Waldock, erklärte, dies deute darauf hin, dass die Maschine schon in der Luft auseinandergebrochen sei. Wenn sie intakt auf dem Meer aufgeschlagen wäre, gäbe es nur kleinste Trümmerstücke.

Der Air-France-Flug AF 447 war am Pfingstmontag auf dem Weg von Rio de Janeiro nach Paris über dem offenen Meer abgestürzt. An Bord der Maschine waren 228 Menschen aus 32 Ländern, unter ihnen 28 Deutsche.

© AP/AFP/dpa/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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