Afrika:"Schlimmste Flut seit Menschengedenken"

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Mehr als eine Million Afrikaner sind von katastrophalen Überschwemmungen betroffen - selbst in den Wüstengebieten. 250 Menschen sind bisher ums Leben gekommen.

Schlammige, rotbraune Wassermassen walzen in diesen Tagen unbarmherzig Dörfer und Siedlungen in mehr als einem Dutzend afrikanischer Länder nieder. Die alljährliche Regenzeit, dringend benötigt für die Landwirtschaft, hat sich vom Segen zum Fluch entwickelt.

Mehr als eine Million Afrikaner sind von der Flutkatastrophe betroffen (Foto: Foto: dpa)

Zu lange und zu stark regnete es in den vergangenen Wochen - selbst in Wüstenstaaten wie Mali, Niger und dem Sudan. Wie ein Gürtel zieht sich die Wasserkatastrophe quer über den Kontinent - von Senegal und Burkina Faso über Nigeria und den Tschad bis nach Äthiopien und Kenia im Osten Afrikas.

Mehr als eine Million Menschen leiden unter der Flutkatastrophe.

Dörfer von der Landkarte gespült

Besonders schwer hat es Ghana getroffen, der Norden des westafrikanischen Landes wurde zum Katastrophengebiet erklärt. "Ganze Dörfer sind von der Landkarte verschwunden", schildert George Azi Amoo, der als oberster Krisenmanager die Hilfe in den Flutgebieten organisieren muss.

Allein in Ghana sind knapp eine halbe Million Menschen betroffen. Hubschrauber der Armee und von Hilfsorganisationen kreisen über den Überschwemmungsgebieten. Die Helfer müssen sich angesichts des Flutchaos erst einmal einen Überblick über die Situation verschaffen, ehe an effektive Hilfe zu denken ist.

Mindestens 250 Menschen sind in den Fluten bisher ums Leben gekommen. In Ghana und anderen Ländern ist bereits von der "schlimmsten Flut seit Menschendenken" die Rede. Hunderttausende verloren Heim und Vieh, sind nun obdachlos und warten in Behelfsunterkünften, dass die Wassermassen sinken.

Helfer im Dilemma

Etwa eine Viertelmillion Menschen ist nach Angaben von UN-Helfern im Sudan ohne ein Dach über dem Kopf. In Uganda geht Nothilfeminister Musa Ecweru von 150.000 Flutopfern aus. "Es gibt Orte, an die wir kaum vordringen können", schilderte er das Dilemma der Helfer. Es mangelt an Booten und Hubschraubern, um vom Wasser eingeschlossene Dörfer mit Notrationen zu versorgen.

Im britischen Rundfunksender BBC meldeten sich Betroffene per Handy, SMS und E-Mail zu Wort. "Wir haben alles verloren - Kleidung, Geschirr, unsere Vorräte", klagte Innocent Okia aus Uganda. Die diesjährige Ernte der Familie des 18-Jährigen sei zerstört.

"Die Flut verschlechtert die Wirtschaftslage in Ghana und vielen Ländern Afrikas noch weiter", denkt Anthony Mananyi aus Ghana bereits an die Folgewirkungen. Denn das Wasser bedeckt nicht nur Mais, Weizen und Hafer, die nun zu verfaulen drohen.

UN-Helfer fürchten, dass das Hochwasser Teile des fruchtbarsten Ackerbodens in Afrika unwiederbringlich weggerissen hat. Mit den hohen Wasserständen steigt bei warmen Temperaturen die Malariagefahr. Angesichts der beengten Wohnverhältnisse in Notunterkünften wird die Ausbreitung von Typhus und Cholera befürchtet.

Weiter schwere Regenfälle erwartet

"Gott helfe uns, unser Bezirk ist von der Außenwelt abgeschnitten", meldete sich James Elima aus der Hochwasserregion in Uganda. Die Lebensmittelpreise steigen, doch ein Sinken der Wassermassen ist nicht in Sicht - im Gegenteil.

Zwar läuft mittlerweile die internationale Hilfe für die Menschen in den Flutgebieten an, doch auch für die nächsten Tage rechnen Meteorologen mit schweren, anhaltenden Regenfällen.

Die Vereinten Nationen warnen angesichts der immer größeren Zahl von Flutopfern in Afrika vor einer Hungersnot. "Wir gehen davon aus, dass die Situation sich noch verschlechtert", sagte Elizabeth Byrs vom UN-Büro zur Organisation Humanitärer Maßnahmen (OCHA) am Mittwoch dem Rundfunksender BBC.

Derzeit würde dringend Geld für den Kauf von Lebensmitteln benötigt, hieß es weiter. Allein im ostafrikanischen Uganda benötigt das Welternährungsprogramm WFP 65 Millionen Dollar (etwa 47 Millionen Euro), um rund 300.000 Flutopfer in den kommenden sechs Monaten zu ernähren. Dort sind bereits nach Regierungsangaben mindestens 20 Menschen in den Fluten umgekommen.

Gerade Fuß gefasst

Im besonders schwer betroffenen Ghana wollen mehrere UN-Organisationen so schnell wie möglich mit der Katastrophenhilfe starten. In Togo, wo mehr als 30.000 Häuser von den Fluten zerstört wurden, werden ebenfalls dringend Lebensmittel gebraucht. Allein eine halbe Million Menschen leide im Sudan unter der schlimmsten Flut seit Menschengedenken, hieß es.

Weltweit wurde zu Spenden für die Flutopfer aufgerufen. In Deutschland haben unter anderem die Caritas und die Deutsche Welthungerhilfe Soforthilfe in Form von Lebensmitteln, Decken, Trinkwasser und Kleidung organisiert. Kurt Lange, der Regionalkoordinator der Deutschen Welthungerhilfe in Uganda, erinnerte daran, dass die Flut in Uganda besonders die Menschen trifft, die nach dem blutigen Bürgerkrieg zwischen der Regierung und der LRA-Milizen endlich in ihre Heimat zurückkehren konnten.

Nun müssten sie "in die Flüchtlingslager zurückkehren, die sie im vergangenen Jahr endlich verlassen konnten. Die Menschen hatten in ihren Dörfern gerade wieder Fuß gefasst, da kam die Flut."

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