Affäre um Kinderhilfswerk:Unicef verliert Spendensiegel

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Das Kinderhilfswerk Unicef Deutschland hat das DZI-Spendensiegel verloren. Der Vorsitzende Schlagintweit zeigte sich geschockt und will das Siegel unbedingt zurückgewinnen.

Die deutsche Sektion des Kinderhilfswerks Unicef hat nach gut zwölf Jahren das renommierte Spendensiegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) verloren. Für den Entzug des Siegels gebe es mehrere Gründe, teilte das DZI mit. Das deutsche Unicef-Komitee habe "seit 2005 wahrheitswidrig behauptet, keine Provisionen für die Vermittlung von Spenden" bezahlt zu haben.

"Dieses Urteil trifft uns hart": Unicef ist nach der Aberkennung des Spendensiegels geschockt. (Foto: Foto: AP)

Die Zahlungen seien in den jährlichen Prüfungsverfahren verschwiegen worden. Auch mit weiteren Mängeln im Auskunftsverfahren habe Unicef Deutschland gegen die Siegel-Standards verstoßen.

"Nach Einschätzung des DZI muss die Management-, Leitungs- und Aufsichtsstruktur von Unicef Deutschland durchgreifend verbessert werden, damit sich derartige Fehler nicht wiederholen", betonte das DZI. Das Spendensiegel kann frühestens in einem Jahr neu beantragt werden.

Das Kinderhilfswerk zeigte sich in einer ersten Reaktion geschockt. "Dieses Urteil trifft uns hart. Damit hatten wir nicht gerechnet", erklärte der Interimsvorsitzende Reinhard Schlagintweit in Köln. "Umso mehr soll uns die Entscheidung Anlass sein, mit allen Kräften an die Reform unserer Arbeit und unserer Strukturen zu gehen."

Zugleich räumte Schlagintweit "schwere Fehler" bei der deutschen Unicef-Sektion ein. Die vom DZI kritisierten Punkte sei jedoch "Ausnahmefälle", die bereits im Blickpunkt der Öffentlichkeit stünden. "Wir sind schon dabei, aus den Fehlern zu lernen und unsere Arbeitsweise neu zu strukturieren", betonte der Unicef-Vorsitzende. Das Kinderhilfswerk arbeite "insgesamt sorgfältig und verantwortungsvoll. Wir tun alles dafür, dass solche Fehler in Zukunft nicht mehr vorkommen."

Nun will die Kinderhilfsorganisation das verlorene Spendensiegel so schnell wie möglich zurückgewinnen. Schlagintweit sagte in Köln, für das nächste Jahr werde Unicef das Siegel wieder beantragen. "Und ich bin auch sicher, dass wir das dann sofort wiederbekommen werden, so wie wir es in der Vergangenheit ja auch immer gehabt haben."

Die Vorsitzende Heide Simonis und der Geschäftsführer Dietrich Garlichs waren bereits nach wochenlangen Negativschlagzeilen über zu großzügige Honorare für externe Berater zurückgetreten.

Das DZI erklärte, die Aberkennung des Spendensiegels sei Ergebnis einer Nachprüfung, die aufgrund kritischer Medienberichte Ende vergangenen Jahres eingeleitet worden sei. Dabei sei aufgedeckt worden, dass Unicef von 2004 bis 2007 drei professionelle Spendenwerber erfolgsabhängig bezahlt, Nachfragen danach aber stets verneint habe. Damit habe die Organisation gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoßen.

Bei einer der beanstandeten Provisionen geht es um die Zahlung von 30.000 Euro an einen "erfolgsabhängig vergüteten Fundraiser" für die Vermittlung einer Spende über 500.000 Euro des Discounters Lidl. Erst aufgrund externer Hinweise habe das DZI die Verstöße gegen Vergabekriterien erkennen können.

"Obwohl dem Vorstand von Unicef spätestens seit dem Eingang anonymer Hinweise im Mai 2007 und einer Vorstandssitzung im Juni 2007 die Provisionszahlungen bekannt gewesen sind, erfolgte kein korrigierender Hinweis an das DZI", hieß es in der mehrseitigen Erklärung des von staatlichen Institutionen, unter anderem dem Berliner Senat und dem Bundesfamilienministerium getragenen Instituts. Das Spendensiegel wird jedes Jahr neu verliehen.

Als Konsequenz aus den Erfahrungen mit Unicef verschärft das DZI ab sofort sine Regeln: So müssen Mitglieder von Vorständen und Aufsichtsorganen eine Erklärung abgeben, dass sie die Standards des Spendensiegels zur Kenntnis genommen haben und deren Einhaltung gewährleisten. Bislang sei eine solche Selbstverpflichtung nur von vertretungsberechtigten Leitungsmitgliedern verlangt worden.

Das Spendensiegel des DZI tragen nach dessen Angaben derzeit 230 Organisationen mit einem Spendenaufkommen von 1,4 Milliarden Euro pro Jahr.

© dpa/AP/AFP/cag/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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