Adressfeld:Die Reform der Lücke

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Das Deutsche Institut für Normung (DIN) will die Leerzeilen im Adressfeld abschaffen.

Von Tanjev Schultz

Kürzlich mahnte der Bundeskanzler, es dürfe keinen Reformstau geben. Das Deutsche Institut für Normung (DIN) tut sein Bestes.

Erst vor drei Jahren gab es eine große Reform der DIN 5008, der "Schreib- und Gestaltungsregeln für die Textverarbeitung", und nun liegt wieder ein Entwurf vor.

Den Reformfluss wollen die DIN-Experten im Ausschuss für Bürowesen ebenso wenig aufhalten wie den Postverkehr. Diesen möchten sie mit ihrem Vorschlag sogar beschleunigen.

Einfaches Mittel

Wie die meisten Reformer dieser Tage bedient sich das Gremium eines einfachen Mittels: Streichen. In diesem Fall die Leerzeile im Anschriftsfeld von Briefen.

Die DIN 5008, die Behörden und Firmen als Richtlinie dient, sieht bisher eine leere Zeile zwischen der Straße des Empfängers und der Kombination aus Postleitzahl und Wohnort vor. Diese Lücke soll geschlossen werden.

Dem menschlichen Auge mag die leere Zeile schmeicheln, die Lesemaschinen bei der Post macht sie konfus. Immer wieder komme es vor, dass die Geräte nur den oberen Teil der Anschrift erkennen, erklärt ein Postsprecher. Das halte den Betrieb auf.

Nach seiner Schätzung haben derzeit 70 Prozent der Briefe im Land eine Leerzeile in der Anschrift. Jede Reform braucht ihren Vorlauf. Schon vor drei Jahren begann die Post ihren Kampf gegen die Leerzeile. Aber damals kam ihr Wunsch etwas spät; der Ausschuss für Bürowesen hatte seine Beratungen schon abgeschlossen.

Eine "Ad-hoc-Kommission" schaffte lediglich eine Ergänzung, die es gestattet, die Leerzeile wegzulassen, obwohl die Grundnorm sie weiterhin vorschreibt. Die entsprechende Anmerkung 5 im Abschnitt 14.7.2 sei "mit heißer Nadel gestrickt" worden, sagt Ausschussobmann Frank Manekeller.

Im Sinne der Sekretärin

In dem Ausschuss sitzen Vertreter von Unternehmen, Sekretärinnenverbänden und Schulen. "Ich will nicht, dass eine Sekretärin stundenlang mit ihrem Chef diskutiert, wie ein Brief aussehen muss", erläutert der Obmann seinen Dienst im Ausschuss.

Änderungen der DIN 5008 können fast so große Proteste auslösen wie die Rechtschreibreform, sagt Manekeller. Der Wegfall der Leerzeile sei dagegen "nichts Politisches", und die Reformer erfahren so gut wie keinen Widerstand.

Die Frist für Einwände ist gerade abgelaufen, die neue DIN 5008 kann bald in Kraft treten. Dennoch ist Manekeller, wie jeder anständige Radikalreformer, nicht frei von Skrupeln: "Eigentlich war die Lücke auf den Briefen ganz schön."

© SZ vom 13.10.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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