26. Januar:Abschied von Teunom

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Banda Aceh wimmelt von Organisationen aus aller Welt - doch die Stadt ist ein Trümmerfeld. Auch fünf Wochen nach der Tsunami suchen die Helfer noch nach Opfern.

Von Fredrik Barkenhammar

Heute ist mein letzter Tag in Indonesien. DRK-Helfer bleiben bei Katastrophen immer vier Wochen im Einsatz, dann kommt die Ablösung. Zwölf frische und ausgeruhte Rotkreuzler voller Tatendrang lösen uns ab.

Die Übergabe ist einer der schwierigsten Momente einer laufenden Hilfsoperation. Die Idee hinter den mobilen Kliniken des Roten Kreuzes, ist dass sie die lokalen Ärzte bei ihrer Arbeit unterstützen.

Dr. Nursanti, eine Indonesische Ärztin der wir in der Gesundheitsstation unter die Arme greifen, weiß, dass sie sich langfristig auf die Unterstützung verlassen kann. Und - noch wichtiger - die Menschen hier kommen zu uns, voller Vertrauen. Es ist wichtig, dass dieses Vertrauen bestehen bleibt.

Ohne Vertrauen wäre alles umsonst

Für mich sind diese persönliche Beziehungen immer wieder erstaunlich. Wir bringen Material im Wert von mehreren hunderttausend Euro ans andere Ende Welt und fliegen es per Hubschrauber in einem komplett abgeschnittenes Dorf. Würden uns aber die örtlichen Ärzte und Behörden nicht vertrauen, wäre alles umsonst.

Kämen wir nur hier her, um zu zeigen, dass wir etwas besser können, dann bräuchten wir gar nicht zu kommen.

Um zwölf Uhr steige ich im Hubschrauber und fliege 200 Kilometer zurück nach Banda Aceh. Von Oben sehe ich noch mal die Zerstörung. Die Küstenstraße ist immer noch durch fehlende Brücken unterbrochen. Kleine Dörfer entlang der Küste sind vollständig verwüstet. Es ist deutlich zu sehen, wo Häuser standen und wo ein Ackerfeld oder einen Hafen war. Der Tsunami ist gerade einen Monat her.

T-Shirt Tausch

In Banda Aceh treffe ich das neue Team. Ich freue mich sehr, als ich alte Bekannte im Hubschrauberlärm begrüße. Sie werden sehr gut mit Dr. Nursanty und den indonesischen Kollegen auskommen.

Banda Aceh ist immer noch ein Trümmerfeld. Es gibt aber mittlerweile viel Hilfe und in der Stadt sehe ich LKWs von Hilfsorganisationen aus der ganzen Welt. Im Hauptquartier des Indonesischen Roten Kreuz warte ich auf die Transportmaschine die mich aus Banda Aceh rausfliegt.

Ich rede mit einem freiwilligen Helfer. Sein Name ist "Ardi" und er ist sehr gut gelaunt. Wir tauschen T-Shirts aus. Ich ziehe ein schmutziges, durchgeschwitztes DRK-T-Shirt aus meinem Ruchsack und Ardi gibt mir ein frisch gewaschenes T-Shirt vom Indonesischen Roten Kreuz.

Gesucht wird immer noch

Frisch gewaschen? Hier stehen kaum Häuser und er hält seine T—Shirts frisch! Wenn man in einem Land lebt, das mit über hundert Naturkatastrophen pro Jahr zu kämpfen hat, kommt offensichtlich eine gewisse Routine auf. Er lacht. Als wir da stehen, kommen die Teams zurück, die in den Trümmern nach den Toten suchen. Sie steigen von einem LKW ab, tragen Gummistiefel und Mundschutz.

"Sie suchen immer noch?", frage ich Ardi, "fünf Wochen nach der Tsunami?" "Yes", sagt Ardi. "Gestern haben wir 300 Menschen beerdigt." Er ist jetzt ernst, aber er bemüht sich, seine Betroffenheit nicht zu zeigen. Viele Personen aus seiner Familie sind umgekommen, das hatte er mir erzählt.

Ich muss daran denken was Dr. Nursanty, die Ärztin aus Teunom, sagte als wir über Trauer gesprochen haben: "We laugh in the day. And we cry at night."

Zwei Stunden später steige ich in die viermotorigen Herkules. Ich werde die Menschen in Aceh nie vergessen.

© Fredrik Barkenhammar, Banda Aceh, 26. Januar - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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