15.000-Volt-Schlag:Tödliche Klettertour auf Militär-Transportzug

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Ein 18-Jähriger ist im Bahnhof von Soest durch einen Stromschlag ums Leben gekommen. Der Fußball-Fan war auf einen Militärzug geklettert und hatte die Strom-Oberleitung berührt.

"Es war wohl Übermut und Leichtsinn", sagte Staatsanwalt Marco Karlin am Montag nach dem Blick in die Akten. Ein 18-jähriger Fußballfan aus Bornheim bei Bonn war am Sonntag im Soester Bahnhof bei einem tragischen Unglücksfall ums Leben gekommen.

Rettungskräfte bergen in Soest die Leiche des Verunglückten. (Foto: Foto: ddp)

Der junge Mann war auf einen auf einem dort abgestellten Militärtransportzug geklettert, als 15 000 Volt seinen Körper durchzuckten. Vergeblich hatten ihn seine fünf Begleiter noch vor der gefährlichen Kletterei auf einem Panzer gewarnt.

Der 16-jährige Bruder des Getöteten erlitt bei dem Versuch zu helfen, ebenfalls einen Stromschlag und liegt lebensgefährlich verletzt im Soester Krankenhaus. "Es ist nach Auskunft der Ärzte noch völlig unklar, ob er durchkommt", sagte Karlin. Der Jugendliche wurde in ein künstliches Koma versetzt.

Gefahr schon bei Entfernung von 1,50 Meter

"Die Gefahr eines Stromschlages besteht je nach Luftfeuchtigkeit schon ab einer Entfernung von 1,50 Meter", erläuterte Reinhard Wendefeuer vom Dortmunder Bundesgrenzschutz. Leider gebe es immer wieder ähnliche Unglücksfälle. Zuletzt waren im vergangenen Jahr zwei Jugendliche in Hagen schwer verletzt worden, als sie auf einem mit Koks beladenen Waggon herumkletterten. "Die wurden durch den Schlag vom Waggon geschleudert", sagte Wendefeuer.

Meist seien es männliche Opfer, die bei derartigen Unfällen auf Bahngeländen verletzt oder getötet werden, meinte der BGS-Beamte. "Auf Jungen übt alles, was mit Eisenbahn zu tun hat, eine große Anziehungskraft aus."

In den Ferien oder bei gutem Wetter registriert der Bundesgrenzschutz steigende Einsatzzahlen wegen Kindern auf Bahngeländen. "Die spielen in den Gleisen oder werfen Steine gegen Züge", berichtete Wendefeuer.

Aufklärungsarbeit

Die Aufklärungsarbeit des Grenzschutzes und der Bahn in Grundschulen zeige aber Erfolge. "Wir erklären den Kindern, wie gefährlich das ist", sagte Wendefeuer. Nicht nur das Klettern auf Waggons oder Spielen am Bahndamm haben die Grenzschützer dabei im Auge. Die Kinder würden beispielsweise auch gewarnt, nicht mit so genannten Pump-Gun-Wasserpistolen auf die Oberleitungen zu zielen.

Dennoch kamen allein im vergangenen Jahr nach Auskunft eines Bahnsprechers bundesweit mehr als 20 Kinder und Jugendliche bei Unfällen auf Bahngeländen ums Leben.

"Bei einem 18-Jährigen kann man eigentlich davon ausgehen, dass er weiß, wie gefährlich das ist", sagte Staatsanwalt Karlin. Doch auch die Polizeibeamten, die nach dem Unglück zum Einsatz kamen, waren sich möglicherweise nicht der Gefahren bewusst. "Die wurden per Lautsprecher gewarnt, dass sie sich erst nähern können, wenn die Leitung manuell geerdet ist", berichtete Karlin.

Mit trauriger Regelmäßigkeit

Mit trauriger Regelmäßigkeit sterben in Deutschland Menschen durch Stromschläge aus den 15.000-Volt-Oberleitungen an den 36.000 Streckenkilometern der Bahnlinien in Deutschland. So kam im Mai 2004 in Schweinfurt ein 16-Jähriger ums Leben, als er ebenfalls auf einem mit Militär-Gerät beladenen Güterzug herumkletterte.

In Hannover starb im März 2002 ein 24-jähriger britischer Soldat, der bei einem Halt eines Militärzuges auf einen Panzer geklettert war, um eine Plane zu befestigen. "Die Schilder mit dem Blitz drauf hängen da ja auch nicht ohne Grund", warnte Staatsanwalt Karlin.

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