Zuschüsse sollen sinken:Integrationsfirmen bangen um Existenz

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Arbeit kann gerade psychisch kranken Menschen helfen: Integrationsfirmen, von der Gärtnerei bis hin zu IT-Dienstleistern, drohen jetzt Kürzungen.

Sven Loerzer

Bei den Integrationsbetrieben geht die Angst um: Die Arbeitsgemeinschaft der Integrationsfirmen in Oberbayern befürchtet, dass die Betriebe bald gezwungen sein könnten, "schwächere" Mitarbeiter zu entlassen oder gar gänzlich den Betrieb einzustellen.

Denn durch neue Richtlinien könnte die Förderung im nächsten Jahr drastisch sinken, warnt Anne Böhm-Volkmann von der Arbeitsgemeinschaft. Das "letzte Wort ist noch nicht gesprochen", heißt es dazu im Bayerischen Sozialministerium. Sprecherin Hanna Piche betont: "Wir wollen die bestehenden Strukturen sichern, aber auch neue Projekte fördern."

Fast die Hälfte der bayerischen Integrationsbetriebe hat ihren Sitz in Oberbayern, der größte Teil der 35 oberbayerischen Firmen mit insgesamt 1381 Beschäftigten (davon 614 schwerbehindert) ist in München ansässig. Integrationsfirmen beschäftigen zwischen 20 und 50 Prozent schwerbehinderte Menschen und sind auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig.

Rückläufige Abgaben

"Sie erhalten nach dem Schwerbehindertengesetz von den Integrationsämtern einen Nachteilsausgleich für besonderen Aufwand und Minderleistung", erklärt Anne Böhm-Volkmann. Diese Förderung wird aus der Ausgleichsabgabe finanziert, die alle Betriebe ab einer Größe von 20 Mitarbeitern entrichten müssen, wenn nicht mindestens fünf Prozent Schwerbehinderte unter den Beschäftigten sind. Doch die Ausgleichsabgabe sei seit Jahren "deutlich rückläufig", so das Sozialministerium - zum einen wegen der sinkenden Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, zum anderen wegen der Absenkung der Schwerbehindertenquote für die Betriebe von sechs auf fünf Prozent im Jahr 2001.

Die Förderrichtlinien würden nun überarbeitet, um neue Projekte aufnehmen zu können und eine gleichmäßigere regionale Verteilung zu erreichen, erklärt Sprecherin Piche. "Wir sind dazu in laufenden Verhandlungen."

Zu Lasten der Schwächeren

Bei elf neuen Projekten und einem stagnierenden Gesamtetat von neun Millionen Euro würde nach Berechnungen der Landesarbeitsgemeinschaft der Integrationsfirmen (LAG-IF) der Zuschuss für die bestehenden Betriebe um 20 bis 30 Prozent sinken, prophezeit Anne Böhm-Volkmann.

"Um das betriebswirtschaftliche Überleben zu sichern", müssten dann schwächere Mitarbeiter entlassen werden. Gerade für die psychisch Schwerbehinderten bedeute Arbeitslosigkeit "wieder einen Rückfall in Krankheit und Hartz IV" mit hohen volkswirtschaftlichen Kosten. Außerdem seien eine Reihe von Betrieben "in ihrer Existenz ernsthaft gefährdet". Die LAG-IF begrüße zwar, dass es mehr Arbeitsplätze für behinderte Menschen geben soll, aber dies dürfe nicht zu Lasten bestehender Projekte gehen: "Integrationsfirmen können keine weitere Kürzung des Nachteilsausgleichs mehr hinnehmen."

© SZ vom 21.08.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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