Zum zehnten Todestag des Regisseurs:Gefangen von Fellinis Zauber

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Als er vor zehn Jahren, am 31. Oktober 1993 starb, wollte der Trauerzug in Roms Cinecittà nicht enden. Der Münchner Filmemacher Eckhart Schmidt hat dem Regisseur eine Dokumentation gewidmet - eine Hommage an einen der Größten der Filmgeschichte.

Interview: Anne Goebel

Als Zehnjähriger lief er von zuhause weg und schloss sich kurzzeitig einem Wanderzirkus an, seine Karriere begann er als Comiczeichner. Der Münchner Filmemacher Eckhart Schmidt hat dem Regisseur von "La strada" und "La dolce vita" seine Dokumentation "Federico Fellini: Mit den Augen der anderen" gewidmet - eine Hommage an einen der Größten der Filmgeschichte.

SZ: "Ich bin ein großer Lügner", hat Fellini über sich selbst gesagt - wie nähert man sich einem Mythos? Eckhart Schmidt: Für mich war klar, den Film über Fellini kannst du nur machen mit ein paar "Essentials". Und das sind vor allem: Anita Ekberg und Anouk Aimeé. Diese Schauspielerinnen sind ungeheuer wichtig für seine Filme, vor allem die Ekberg. Ihre Szene im Wasser, in der "Fontana di Trevi" in Rom, das ist der Mythos, den Fellini kreiert hat. Und als klar war, ich kriege die beiden, habe ich den Film gemacht.

SZ: Sie haben auch Fellinis Produzenten interviewt, seinen Freund Gore Vidal, seine Geliebte - wie waren die Reaktionen auf Ihr Projekt? Schmidt: Ich habe gemerkt, wie sehr alle diese Menschen von Fellini fasziniert waren und noch sind. Der Produzent Dino de Laurentiis zum Beispiel, den hat Fellini damals zu "La Strada" überredet, obwohl er noch völlig unbekannt war - was muss der für ein Feuer gehabt haben! Gore Vidal sah einfach glücklich aus, als er über Fellini reden konnte.

SZ: Und Anita Ekberg, seit "Dolce vita"als "schwedischer Eisberg" bekannt? Schmidt: Mit der Ekberg war's am schwierigsten. An sie habe ich Monate hinreden müssen. Sie wollte, dass wir uns in ihrem Lieblingslokal in der Nähe von Rom treffen. Sie bestellte ordentlich Lachs und Wein, dann hat sie erzählt. Und Anouk Aimeé hat sich für das Interview das Hotel in St.Germain gewünscht, in dem sie Mastroianni traf, wenn er in Paris war. Sie hat sich überall umgesehen, ob sich etwas verändert hat.

SZ: Klingt, als sei der Film eine Reise in die Vergangenheit gewesen. Schmidt: Eine grandiose Reise! Obwohl die Fellini-Episoden Jahrzehnte zurückliegen, waren sie bei allen sehr präsent. Vor allem bei Sandra Milo, die seine Geliebte gewesen ist und sehr gerührt war, als sie über ihn sprach. Wunderbar ist die Geschichte der Ekberg über die Brunnen-Szene aus "La dolce vita". Dass sie mitten im Winter stundenlang halbnackt im Wasser gestanden habe, weil der schwer betrunkene Mastroianni immer wieder ins Bassin kippte. Der hatte eine Flasche Wodka intus.

SZ: Was kann ein Regisseur heute von Fellini lernen? Schmidt: Ich habe Fellini verehrt, weil er ein Anarchist ist, weil er diese unglaublichen künstlichen Welten erschaffen hat. Nehmen Sie heute "Kill Bill", toller Film. Aber Tarantino schöpft aus der Filmgeschichte, er hat 300 Filme gesehen und macht den 301. Fellini hat aus sich selbst geschöpft. Das fehlt.

SZ: Ihr persönlicher Gewinn aus den Dreharbeiten? Schmidt: Ich habe kapiert, wie wichtig es ist, zu tun, was man tun will. Fellini hat das durchgezogen, man muss es sich immer wieder vornehmen, sonst rutscht man schnell in Kompromisse 'rein. Auch hat das Projekt viel mit mir selber zu tun. Als "La dolce vita" rauskam, war ich Student in München. Der hat eingeschlagen wie eine Bombe. Wegen dieses Films bin ich mit Freunden das erste Mal nach Rom gefahren. Und in der Fontana di Trevi sahen wir Anita Ekberg, obwohl sie gar nicht da war. Das ist Fellinis Zauber.

(Bayerisches Fernsehen, Sonntag, 2.November, 22.40 Uhr).

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