Zinsgeschäfte:Auch im Landkreis Erding wurde gezockt

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Sie verloren insgesamt 27,4 Millionen Euro, doch ihre Namen wurden bisher unter Verschluss gehalten. Unter den 19 bayerischen Kommunen, die sich bei Zinsgeschäften verspekulierten, ist auch der Landkreis Erding. Hier hätte man 430.000 Euro sparen können.

Von Mathias Weber, Erding

Das Schlimmste hat Landsberg am Lech wohl hinter sich: Die Verträge mit einer Fachbank sind ausgelaufen, die Stadt in Oberbayern ist raus aus einem Zinsgeschäft, das ihr über Jahre ordentliche Verluste einbrachte. Um die sechs Millionen Euro hat Landsberg eine Spekulation gekostet, die auf einen steigenden Zins abgezielt hatte.

Alles wäre gut gegangen, wenn damals die Zinsen weiter gestiegen wären. Sind sie aber nicht, und auch waren sie nie niedriger. Die Bürger, die derzeit Kredite aufnehmen wollen freut's. Die Kämmerer in manchen Rathäusern aber stöhnen.

Insgesamt 27,4 Millionen Euro verzockt

Denn Landsberg steht nur an der Spitze einer sehr traurigen Liste. Einem Bericht des Innenministeriums zufolge, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt, haben insgesamt 19 Städte, Gemeinden und kommunale Unternehmen mit teils sehr spekulativen Zinsgeschäften Verluste gemacht. Zusammen gerechnet, so der Bericht, verzockten sie 27,4 Millionen Euro.

Anfang des Jahrtausends hatten solche Finanzprodukte den Weg aus den Banktürmen in die Rathäuser und Unternehmenszentralen gefunden. Mittlerweile sind sie gängige Praxis zur Zinssicherung. Auch in der Münchner Region: Die Landeshauptstadt selbst nutzt zum Beispiel seit einiger Zeit eine Vielzahl von Instrumenten. In dem Bericht ist von Cross-Currency-Swaps, Payer-Swaps, Zero-Cost-Collars und Caps die Rede - Namen von Finanzprodukten, mit denen nur Experten etwas anfangen können. Der Stadt München hat das aber offenbar nicht geschadet: Verluste hat sie mit diesen Produkten bislang keine gemacht.

Verluste von mehr als 70.000 Euro

Nicht so positiv ist die Spekulation in zwei anderen Fällen ausgegangen. Im Landkreis Erding haben die Stadt Dorfen sowie der kommunale Abwasserzweckverband Erdinger Moos mit Zinsprodukten hantiert. In Dorfen ist die Kämmerei eine Wette auf den Verlauf eines Zinssatzes eingegangen. Die Fachbank, die für das Produkt im Jahr 2005 geworben hatte, habe ein "hohes Plus" versprochen, sagt heute die Stadtkämmerin Maria Bauer. Und ein Vertreter der Bank habe den Stadträten damals in einer Stadtratssitzung erklärt, wie das funktioniert mit den Finanzprodukten.

Die hatten dann keine Einwände: Das Geschäft wurde mit einer Laufzeit von zehn Jahren abgeschlossen, war aber immer starken Schwankunden unterlegen. Am Anfang hat die Kämmerei Gewinn gemacht, und dann auch wieder Verluste, mehr als 70 000 Euro insgesamt. Ob sich das Ganze schließlich doch noch ein wenig lohnt, weiß man in Dorfen erst im kommendes Jahr.

In Erding hat man aus den Zinsgeschäften gelernt

Auch beim Abwasserzweckverband hatte man auf eine gute Ersparnis gehofft, im Jahr 2001. "Es hat sich ganz gut angehört", sagt der dortige Finanzverwalter Stefan Hellmann. Aber dann kamen die Anschläge vom 11. September, Zinsvoraussagen waren nichts mehr wert.

Prüfer hatten herausgefunden, dass der Zweckverband stolze 430 000 Euro sparen hätte können, wäre man die Zinsgeschäfte ein wenig später angegangen. In Erding haben die Verantwortlichen aus den Zinsgeschäften gelernt: So bald wird man sich nicht mehr auf solche Produkte einlassen. Eine Erkenntnis, die sie wohl mit vielen Kämmerern teilen.

© SZ vom 11.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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