Zeugnisse der Prominenten:"Die Vier ist die Zwei des kleinen Mannes"

Glatte Einser und Ehrenrunden: Prominente Münchner erinnern sich an jenen bangen Moment am Ende des Schuljahres, wenn der Lehrer die Zeugnisse verteilte. Und dabei gab es auch bei Politikern und Kabarettisten so manche Überraschung.

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Wolfgang Herrmann, Präsident der Technischen Universität München: "Eigentlich war ich ein guter Schüler, hatte im Abitur überall einen Einser. Ein Problem gab es aber in Latein, beim Vorabitur in der zwölften Klasse. Wir mussten Sallust übersetzen. Das Ergebnis war katastrophal: Von 13 Schülern hatten neun einen Sechser, zwei einen Fünfer und zwei einen Vierer, einer davon war ich. Gleich im ersten Satz kam das Wort ,demus' vor. Das habe ich als Eigennamen übersetzt. War natürlich Schwachsinn, weil das ein Konjunktiv von ,dare' war. Als die Ergebnisse da waren, gab es einen Riesen-Elternprotest und am Ende eine Wiederholung der Prüfung. Da kam Cicero, das ging besser. Ich habe es auf einen Dreier gebracht und Latein nach der Zwölf abgelegt. Der Lehrer hat zeitlebens unter dieser Prüfung gelitten." ¶ Sebastian Krass

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(Foto: Stephan Rumpf)

Katharina Schulze, Stadtchefin der Münchner Grünen: "Ich bin immer total gerne in die Schule gegangen und war generell auch gut. In fast jedem Fach gab es was Interessantes zu entdecken. Nur mit Physik habe ich mich schwergetan. Ich glaube, da ist alles zusammengekommen: Der Lehrer und ich haben nicht so richtig harmoniert, das Fach machte mir keinen Spaß. In der Rückschau muss ich aber zugeben, dass Physik wirklich kein Hexenwerk war. Ich war während der Schulzeit dennoch froh, als ich es endlich ablegen konnte. Das System mit den Leistungskursen fand ich genial. Man hatte einen spannenden Stundenplan und konnte sich die Schwerpunkte wählen." Melanie Staudinger

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(Foto: Tobias Hase/dpa)

Konstantin Wecker, Autor und Liedermacher: "Meine Schulkarriere ist ja unterbrochen, ich bin aus dem Münchner Wilhelmsgymnasium wegen Rebellion rausgeworfen worden. Zwischendrin war ich deshalb zwei Jahre an einer Privatschule, ehe ich am Theresiengymnasium mein Abitur gemacht habe. An dieser Privatschule wurde ich nach einem Jahr zum Präfekten, was bedeutete, dass ich den Jüngeren Nachhilfeunterricht geben durfte und dafür auch bezahlt wurde. Ich war bis dahin wirklich schlecht in der Schule, und vor den Lehrern war mir das auch immer egal gewesen. Aber vor den jüngeren Schülern wollte ich mir keine Blöße geben. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich also richtig gebüffelt und den ganzen Latein-Stoff nachgelernt. In dem Fach habe ich dann auch später die beste Abitur-Arbeit meiner Klasse geschrieben. In den anderen Fächern war ich allerdings nicht so gut..." Philipp Crone

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(Foto: dpa)

Katrin Müller-Hohenstein, Sportmoderatorin beim ZDF: "In der neunten Klasse war es bei mir ganz knapp. Ich brauchte in der allerletzten Mathe-Schulaufgabe unbedingt eine Drei, sonst wäre ich durchgefallen. Der Lehrer gab die Arbeiten zurück - und ich hatte eine Vier. Ich war also, wie man in der Sportlersprache sagt, abgestiegen - aber nur für fünf Minuten. Denn als ich frustriert die Arbeit durchgeblättert habe, ist mir aufgefallen, dass die letzte Seite nicht korrigiert war. Meine Rettung. Auf der Seite habe ich gerade noch so viele Punkte bekommen, dass es für eine Drei und damit für die Versetzung gereicht hat. Nach diesem Erlebnis wurde es in der Schule nie wieder so richtig knapp." Philipp Crone

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(Foto: picture alliance / dpa)

Bruno Jonas, Kabarettist: "Bei mir war es in jedem Jahr eng. Ich habe letztlich dann auch statt G 8 oder G 9 das G 10 gemacht, weil ich einmal durchgefallen bin. In dem Jahr, als es nicht gereicht hat, in der neunten Klasse, war ich zwar sehr fleißig, aber nicht in der Schule. Die Engländer würden diese Phase wohl "Brain in Construction" nennen. In der siebten Klasse war ich hingegen sehr gut und hatte in allen Latein-Schulaufgaben Einser. Meine Mitschüler haben sich schon gefragt: Was ist denn mit dem los? Ich bringe also das Zeugnis nach Hause, gehe durch unseren Laden - meine Eltern hatten eine Metzgerei - und meine Mutter sagt: "Und? Wie schaut's aus?" "Ich habe eine Eins in Latein", sage ich, und sie: "Dann pass auf, dass das so bleibt!" Das hat mich richtig motiviert, weiterzulernen. Der Hintergrund war, dass meine Eltern eigentlich gar nicht wollten, dass ich auf das Gymnasium gehe. Sie haben sich sogar gefreut in dem Jahr, als ich durchgefallen bin. "Dann kommst du jetzt ins Geschäft", sagte mein Vater. Aufs Gymnasium kam ich nur, weil der Pfarrer gesagt hat: Der Bua is gescheit. Stimmt ja auch, meine besten Fächer waren Musik und Sport." ¶ Philipp Crone

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(Foto: Florian Peljak)

Susanne Breit-Keßler, Regionalbischöfin: "Meine Eltern waren einfache Leute und wollten Leistung sehen, wenn die Tochter schon als Erste der Familie aufs Gymnasium geht. Etwas Schlechteres als ein Dreier im Zeugnis war bei uns daheim undenkbar. Und der war höchstens in Mathematik erlaubt, meiner schwachen Seite. Geometrie - ich habe ein mieses räumliches Vorstellungsvermögen. An die elterlichen Erwartungen habe ich mich gehalten. Also nur Einser, Zweier und zwischendurch mal eine Drei - etwa in Handarbeit, weil die Lehrerinnen mich im zarten Alter von 13 Jahren mit dem "Tunesischen Häkelstich" für Babyjäckchen geplagt haben. Für eine Streberin wurde ich nie gehalten, dafür waren meine Streiche viel zu verrückt." ¶ Sebastian Gubernator

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(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Helmut Schleich, Kabarettist: "Mein schlechtestes Zeugnis? Soweit ich mich spontan erinnere, hatte ich nur gute Zeugnisse . . . Aber dank der SZ-Anfrage sah ich mich genötigt, diese Meinung über meine schulischen Leistungen zu überprüfen und - oh Schreck: Ich habe überhaupt keine Zeugnisse! Zumindest sind sie, bis auf ein ganz passables Abiturzeugnis, nicht mehr auffindbar. Glatte Einser, gute Dreier, klare Fünfer - alles, was das Schüler- und Elternblut Ende Juli jedes Jahres in Wallung brachte: verschwunden. Auch das, was sich Lehrer an Bemerkungen und Gemeinheiten aus den Fingern sogen, um Schüler charakterlich zu bewerten: weg. Darum bleibt es dabei: Ich hatte nur gute Zeugnisse! Und allen, die sich heute ernsthaft über die Zeugnisse ihrer Kinder echauffieren, sei gesagt: Die Vier ist die Zwei des kleinen Mannes - und "Zwei" ist fast "Eins"!" Sebastian Gubernator

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(Foto: Claus Schunk)

Toni Roiderer, Wiesnwirt: "Ich hatte tolle Eltern, aber sie waren streng. Der Vater hat mich zur Leistung erzogen, bei dem durftest du nicht mit einem Vierer heimkommen. Mein Lehrer wusste das. Ein toller Mann war das: Der hat mir in Naturkunde immer eine Drei statt einer Vier gegeben. Dafür gab's dann im Rechnen nur eine Zwei, obwohl ich eine Eins verdient gehabt hätte. Der hat also ganz ausgewogen bewertet. So bin ich durchgekommen, ohne ein schlechtes Zeugnis zu bekommen, obwohl ich immer nur mittelmäßig gelernt hab - ich war auf der Volksschule, da waren die Anforderungen nicht so hoch. Die wollten nicht so viel wissen - und was sie wissen wollten, wusste ich meistens. Wenn ich was mache, wo Herz dabei ist, klappt das auch. Ich wollte immer Metzger werden, das war mein Ziel. Und das hab ich ja auch erreicht." Sebastian Gubernator

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(Foto: Stephan Rumpf)

Rainer Maria Schießler, Pfarrer: "Ein Zeugnis werde ich nie vergessen: das Zwischenzeugnis aus der sechsten Klasse. Darauf hatte ich eine Vier in Latein. Das klingt undramatisch, aber in allen anderen Fächern hatte ich eine Eins oder eine Zwei, diese Vier stach heraus. Sie war bedingt durch einen Ausrutscher: In einer Klassenarbeit hatte ich eine Sechs bekommen, weil ich nach einem Skiunfall mental nicht in der Lage war zu lernen. Dieses Zeugnis war mein Tiefpunkt, ich bin danach besser geworden, vor allem im Studium. Diesen Zünder habe ich gebraucht. Was ganz wichtig war: Meine Eltern haben wegen der schlechten Note nicht geschimpft. Eltern dürfen nie ein Klima verbreiten, in dem Kinder Angst haben, mit schlechten Noten heimzukommen. Das ist ein irrationaler Leistungsdruck. Ich habe die Schule immer als etwas Sportliches gesehen: Niemand tut mir weh, ich zeige den Lehrern, was ich drauf habe. Sebastian Gubernator

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Rainer Schweppe, Münchner Stadtschulrat: "Meine schlechteste Note bekam ich in der achten Klasse in Chemie. Das war eine saftige Fünf. Mein Lehrer fragte mich daraufhin, was mit mir los sei. Da musste ich zugeben, dass ich von der letzten Reihe aus einfach nicht an die Tafel sehen konnte, weil ich kurzsichtig war. Deshalb hatte ich dem Unterricht schon länger nicht mehr folgen können. Ich hatte das Problem lange ignoriert, weil ich unbedingt hinten im Klassenzimmer bei meinen Freunden sitzen bleiben wollte. Dafür bekam ich dann eben prompt die Quittung. Ich bin dann auch gleich darauf zum Augenarzt gegangen und habe mir eine Brille besorgt. Die hat mich zwar furchtbar genervt, vor allem beim Sport, bei dem sie einfach störte. Auf der anderen Seite habe ich mich danach innerhalb von zwei Schulaufgaben von der schlechten Fünf auf eine Eins verbessert. Die Brille hat sich gelohnt." Melanie Staudinger

© SZ vom 29.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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