Zehnte Liga (14):"Jungs, stopp, wir spielen nicht"

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Die Zehnte Liga kämpft mit Eis und Schnee - wenn der Schiedsrichter sie auf den Platz lässt.

Marc Baumann

Die SZ begleitet eine Saison lang die Kreisklasse 2. Heute: Wintereinbruch.

Vorübergehend gesperrt: "Im Winter wächst der Rasen nicht, eine Grätsche und die Graswurzel ist kaputt", erklärt Julio Fernandez, Platzwart an der Bauernfeindstraße. (Foto: Foto: Christina Pahnke)

Samstagabend! Die beste Nacht der ganzen Woche, was man da als junger Mann alles erleben könnte: Wein, Weib, Gesang, so Dinge. Michael Nickmann ist früh schlafen gegangen, "so ganz vernünftig, um elf, maximal zwölf Uhr". Sonntag ist er zeitig aufgestanden, zu einer Zeit, wo manch einer gerade verkatert nach Hause kommt. Nickmann hat die Stollenschuhe eingepackt und ist mit den anderen von Sparta München durch den eiskalten Morgen zu Rot-Weiß Tunesien gefahren. "Wir saßen in der Kabine und haben uns umgezogen, da kam der Trainer und meinte: 'Jungs, stopp, wir spielen doch nicht'."

Der Schiedsrichter hatte Eisplatten im Sechzehnmeterraum entdeckt, der Platzwart wollte sie nicht entfernen, das dürfe nur ein Angestellter der Stadt erledigen. Da standen sie: 22 Spieler, zwei Trainer, ein Schiedsrichter, ein Platzwart, die sich dem bisschen gefrorenen Boden geschlagen geben müssen. "Das Eis hätten wir schon weggekriegt", sagt Nickmann, "wir haben gehofft, dass die Tunesier schlechter mit der Witterung klar kommen, als Südländer - die waren dann auch begeisterter als wir, dass nicht angepfiffen wurde."

Ein Spielabbruch ist an sich nichts ungewöhnliches, an diesem Wochenende wundert man sich aber schon: Bei Amicitia, Kermelikspor und Tunesien waren die Plätze unbespielbar, bei Eintracht und Freimann wurde der Rasen vom Schiedsrichter zeitgleich für bespielbar befunden. Dazu muss man sagen, dass die Sportanlagen in Freimann und Kieferngarten, bei Kermelikspor, nur rund 1500 Meter voneinander entfernt sind.

"Schade, dass unser Derby gegen Amicitia ausgefallen ist", sagt Michael Franke, Vorsitzender vom FT Gern. "Bei den Spielen geht es hitzig zu, da hätten die niedrigen Temperaturen gut getan, Schneetreiben kühlt die Gemüter." Überraschend kam die Absage nicht: Vor der Saison hatte Amicitia bei Gern angefragt, ob man das Heimrecht für das Hin- und Rückspiel nicht tauschen wolle. "Das hätte Sinn gemacht, im November bei uns auf Kunstrasen zu spielen und im Sommer bei denen, da ist ihr Rasen noch gut", gibt Franke zu. Aber er war trotzdem dagegen. "Im Sommer, bei gutem Wetter, kommen 150 Zuschauer zum Derby, im Winter bei der Kälte stehen da keine 50 Leute."

Immerhin haben die Gerner schon am Freitag erfahren, dass sie Sonntag ausschlafen können. Stefan Schmiedel vom VfR Garching II saß mit seiner Mannschaft spielbereit in der Kabine, als auch bei ihnen der Schiedsrichter die Partie vor dem Anpfiff für beendet erklärte. "Dabei hatte der Platzwart extra Linien gezogen - weiße Linien auf weißem Schnee", sagt Schmiedel grinsend. Er trägt eine Daunenjacke, mit der man auch in der Arktis überleben könnte, für Trainer ist so ein Winterspieltag am unangenehmsten: sie können sich nicht warm laufen, nur warm schreien.

Schmiedel hätte gespielt, aber er tröstet sich: "Nächste Woche sind wir stärker, da sind einige aus der ersten Mannschaft spielberechtigt." Spielgruppenleiter Volker Blum wird die Nachholpartien aber wohl auf das Frühjahr verlegen, "es wird ja nicht wärmer".

Die Frage ist, warum überhaupt Ende November draußen Fußball gespielt werden muss. "Im Winter wächst der Rasen nicht, eine Grätsche und die Graswurzel ist kaputt", klagt Julio Fernandez, Platzwart an der Bauernfeindstraße. Garchings Trainer Schmiedel sagt: "Die Saison geht bis Ende Mai, im Juni und Juli, wenn das Wetter ideal ist, wird nicht gespielt, dafür beginnt die Vorbereitung wenn alle im Urlaub sind."

Gerns Michael Franke sieht es auch so: "Ich spiele bei der AH, da startet die Saison im März und endet im September, das macht Sinn." Aber es gäbe auch Argumente dagegen, etwa dass sich der Rasen im Sommer erholen müsse. "Da sage ich: Wenn im Winter keiner den Platz kaputt tritt, dann braucht man im Sommer keine Regeneration - da kann man sich lustig streiten, aber letztlich hängt es am DFB und der an der Fifa."

So müssen sie auch künftig im Winter ran und der Unparteiische hat das letzte Wort: "Schlammigen Boden hält der eine für gefährlich, der andere findet, das gibt ein gutes Kampfspiel", sagt Franke. Er sehe es aus der Funktionärssicht: Plätze und Spieler schonen. Sonst geht es einem wie Eintracht am Sonntag: "Wir waren 0:2 hinten, kämpfen uns ran - und dann glitscht eine Flanke dem Verteidiger weg und 1954 macht das 3:2", erzählt Trainer Minichiello. "Es war trotzdem okay anzupfeifen, nur der Wind hat weh getan."

© SZ vom 25.11.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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