Sind die Vögel verjagt worden?:Windkraftgegner werfen Gutachter Verfälschung vor

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Der Ton wird schärfer: Die Bürgerinitiative zum Schutz der Wadlhauser Gräben bezweifelt Aussagen zu Rotmilanen

Von Ingrid Hügenell

Der Rotmilan lebt in der Nähe der Wadlhauser Gräben. (Foto: PRESSE-BILD-POSS)

Die Mitglieder des Vereins zum Schutz der Wadlhauser Gräben sind enttäuscht von dem Gutachten, das Dietmar Narr vom Büro NRT angefertigt hat und von dem er vorigen Donnerstag Zwischenergebnisse im Gemeinderat Berg vorgestellt wurde. Laut Narr gibt in den Wadlhauser Gräben zwar Rotmilane, die das bewaldete Areal, in dem vier Windräder errichtet werden sollen, jedoch nicht überfliegen. Vielmehr flögen sie über offene Weiden und die Autobahn, wo sie Beutetiere besser entdecken könnten.

Das können die Windkraftgegner kaum glauben, sehen sie doch die Vögel selbst häufig, etwa über ihren Häusern in Neufahrn. Die soeben wiedergewählte Vereinsvorsitzende Melani Suckfüll sagte bei der Mitgliederversammlung am Dienstagabend, die Anwälte des Vereins prüften nun rechtliche Schritte wegen des ihrer Ansicht nach getürkten Gutachtens. Der Verein hat schon weit über 10 000 Euro für eine Normenkontroll- und eine Popularklage ausgegeben, mit denen die vier Windräder in der Nachbargemeinde Berg verhindert werden sollen.

Zudem forderte Suckfüll die Anwesenden auf, die Polizei zu rufen, sollte wieder ein Hubschrauber über dem Waldgebiet kreisen. Die Windkraftgegner vermuten hinter den Helikopter-Flügen die Absicht, die Vögel zu vergrämen. Das ist laut Suckfüll mit dem Naturschutzgesetz nicht vereinbar, weshalb es angezeigt werden sollte. "Denen muss man die Hammelbeine lang ziehen, die gegen die Vögel arbeiten und damit gegen uns", sagte sie.

Suckfüll erging sich auch in einer ausführlichen Presseschelte, die so heftig und pauschal ausfiel, dass sich schließlich Matthias Ruhdorfer, Bürgermeister von Schäftlarn und Vereinsmitglied, zu Wort meldete. Er wies darauf hin, dass zu viele Zahlen in der Lokalzeitung keinen Platz haben: "Hochkomplizierte Analysen passen in eine Fachzeitschrift, langweilen aber 99 Prozent der Leser." Man müsse die Fakten so darstellen, dass sie nachvollziehbar seien und "seriös auf die Zielgruppe eingehen". Ruhdorfers Hauptargument gegen die Windkraft ist, dass diese nicht die Strom-Grundlast abdecken und somit die Kernenergie nicht wirklich ersetzen kann. Suckfüll hatte unter anderem gesagt: "Die Presse traut sich nicht, harte Fakten zu schreiben."

Der Verein beteiligt sich an einer Demonstration von Windkraftgegnern, die am Samstag, 27. Juli, am Sendlinger Torplatz in München stattfindet. Suckfüll und Martin Ruhdorfer riefen alle zur Teilnahme auf. "Wenn weniger als 1000 kommen, wäre das schlecht", sagte Martin Ruhdorfer: "Dann ist die Sache tot." Er nannte Zahlen, nach denen die Hälfte der deutschen Bürgerwindparks defizitär sind. "Die Anlagen erwirtschaften 82 Prozent weniger Ertrag als prognostiziert", zitierte er aus einer Studie des Bundesverband Windenergie (BWE). Danach bringen Windkraftwerke den Anlegern nicht die versprochenen Renditen. Der Vorsitzender des Anlegerbeirates des BWE, Werner Daldorf, hatte mehr als 1150 Jahresabschlüsse der Jahre 2000 bis 2011 von 175 Windparks ausgewertet. In 37 Prozent der Fälle machten die Anlagen Verluste.

© SZ vom 25.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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