Pension Freiheit:Urlaub am Set

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Ein Team aus lauter Laien verfilmt "Mordsgeschichten" aus dem Isarwinkel - Ottfried Fischer ist stimmlich dabei

Valerie Krb

Zigarettendunst füllt in dicken Schwaden den Raum, während Rio am Schreibtisch sitzt und in einem Magazin blättert. Das Flair der Polizeiwache macht einem rasch klar, in welcher Zeit man sich befindet - es sind die 1980er Jahre. Noch schnell wird eine letzte Haarsträhne zurechtgezupft, schon geht es am Set zum Kinofilm "Pension Freiheit" in der Bad Tölzer Innenstadt los.

Die Geschichte um die beiden Kommissare Walter Degenhardt (Adnan Erten) und Rio Hartmann (Luky Zappatta) ist nicht frei erfunden. "Die Handlung beruht auf einer wahren Begebenheit", erklärt Regisseur Markus Kleinhans. Auf Basis des Buchs "Mordsgeschichten", in dem Christoph Schnitzer und Maximilian Czysz außergewöhnliche Kriminalfälle aus Bad Tölz und dem Isarwinkel beschreiben, entstand bereits 2006 der Film "Tödliche Verbindungen". Mit zehn Kopien sei der erste Teil in den Kinos ein Erfolg gewesen. Nun will das bayerische Filmteam daran anknüpfen.

Für den Großteil der Mitwirkenden ist der Filmdreh reines Freizeitvergnügen. So sind sowohl in den Hauptrollen als auch in Regie und Produktion Laien am Werk. Regisseur Kleinhans arbeitet alltags als Eventmanager, Produzent Andreas Jordan als Verwaltungsangestellter im Krankenhaus. "Meinen Jahresurlaub verbringe ich beim Dreh", sagt Jordan.

Auch die Hauptdarsteller können von dem Vollzeitberuf Schauspieler nur träumen. Zappatta verdient sein Geld als Schreiner und Musiker, Adnan Erten ist im Produktmanagement tätig. Dennoch, an hochkarätiger Besetzung fehlt es hier nicht. In den Nebenrollen agieren Jürgen Tonkel und Katharina Abt, und Ottfried Fischer leiht seine Stimme dem kleinen Benno Berghammer (der spätere "Bulle von Tölz"), der hier eine Rolle spielt.

Der Film will mit einer mörderischen Geschichte überzeugen: In einer Zeit, als die Mauer noch steht, bringt eine Bande Schleuser immer wieder Flüchtlinge aus der DDR nach Bayern. "Eine Briefbombe, die in der Pension Freiheit losgeht, bringt dann eine tolle Geschichte in Fahrt", erzählt Kleinhans. Die Charaktere der beiden Hauptfiguren sollen dem Film Witz verleihen. "Kommissar Rio Hartmann nimmt das Leben leicht und lässt sich nur durch schöne Frauen aus der Ruhe bringen", sagt Zappatta über seine Rolle.

Sein Gegenpart Walter Degenhardt sei der konservativere und ruhigere der beiden. "Die Idee dahinter ist, dass sich die Leute selbst spielen", erklärt Kleinhans. Daraus entstehe Authentizität, und die sei bei diesem Projekt wesentlich. Das spiegle sich auch im bayerischen Dialekt wider, der den Film beherrscht. "Es ist kein gekünsteltes Bayerisch, sondern richtig authentisch", betont Kleinhans. Das sieht auch Zappatta so: "Dieses Bayerisch versteht man in Bremen nicht mehr."

Die Herausforderung, einen Film über die Achtziger Jahre zu drehen, ist größer, als man zuerst glauben möchte. Um an stilechte Requisiten zu kommen, sei der Gang zum Flohmarkt unausweichlich gewesen. Außerdem habe das Team jeden gebeten, seinen Dachboden zu durchwühlen. "Das fängt bereits bei der Kaffeemaschine an", schildert Jordan, und endet bei der Bartgestaltung der Darsteller. So habe sich Erten extra einen "Pornobalken" wachsen lassen - gemeint ist sein Schnauzer.

Teure Anschaffungen wären für das Filmprojekt mit nur geringem Budget ohnehin nicht möglich gewesen. Kleinhans sieht darin jedoch eine Chance. "Der Vorteil ist, dass die Leute aus Leidenschaft dabei sind. Daraus entsteht eine ganz eigene Dynamik." Positiv sieht es auch Zappatta: "So bin ich zu einer Hauptrolle gekommen." Dass das geringe Budget auch für den Großteil des Teams bedeutet, keine Gage zu bekommen, scheint die gute Stimmung am Set nicht zu trüben. "Wir machen das hier aus Spaß an der Freude", sagt Zappatta.

Den Reiz des Projekts bringt Kleinhans auf den Punkt: "Der Film drückt aus, wer wir als Menschen sind. So lieben wir, so lachen wir und so weinen wir." Von November an soll der Streifen in den Kino zu sehen sein - in bayerischen, wo man ihn versteht.

© SZ vom 24.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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