Nach Novellierung des Kinderschutzgesetzes:Gratwanderung zum Schutz der Kinder

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Vereinsvorstände entscheiden darüber, ob ein Ehrenamtlicher ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen muss. Mit der Regelung sollen sexuelle Übergriffe vermieden werden. Manche fürchten eine Atmosphäre des Misstrauens.

Von Petra Schneider

Eine Novellierung des Kinderschutzgesetzes soll Kinder und Jugendliche vor sexuellem Missbrauch durch Betreuer in Vereinen oder Einrichtungen schützen. Wie diese Neuregelung in den Vereinen umgesetzt werden soll, war am Dienstag Thema bei der Herbstvollversammlung des Kreisjugendrings. Die Novellierung sieht vor, dass Ehrenamtliche in der Kinder- und Jugendarbeit, also etwa bei Trachten- und Sportvereinen, beim Jugendrotkreuz oder den Pfadfindern, ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen müssen. Wenn dort Einträge über sexuelle Straftaten vorliegen, müssen sie von ihrer Tätigkeit entbunden werden. Wer ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen muss, entscheiden die Vereinsvorstände.

Wie Kreisjugendpflegerin Verena Peck den 28 Delegierten im Sitzungssaal des Landratsamts erklärte, hat das Jugendamt in den vergangenen Monaten an einer möglichst einfachen Regelung gearbeitet. Vereine, Verbände oder Einrichtungen, die mit Mitteln der öffentlichen Hand gefördert werden, müssen eine Vereinbarung mit dem Jugendamt unterzeichnen. Mit ihrer Unterschrift verpflichten sich die Vorstände, Personen über 14 Jahre in der Jugendarbeit nur dann zu beschäftigen, wenn ein erweitertes Führungszeugnis ohne einschlägige Einträge vorliegt.

Wenn die Vereinbarung mit dem Jugendamt nicht unterzeichnet wird, trägt der Vorstand im Missbrauchsfall die volle Haftung. Ehrenamtliche, die trotz Aufforderung kein Führungszeugnis vorlegen, dürfen nicht mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Ein erweitertes Führungszeugnis muss bei den Rathäusern beantragt und nach fünf Jahren erneut vorgelegt werden. Es darf dann nicht älter als drei Monate sein. Von den Kosten von 13 Euro sind Ehrenamtliche auf Antrag des Vorstands befreit. "Für die Ehrenamtlichen ist das Ganze mit einem Gang zum Rathaus erledigt", sagte Peck.

Schwieriger ist die Entscheidung für die Vorstände: Mit der Neuregelung müssen sie Entscheidungen treffen, die einerseits dem Wohl der Kinder und Jugendlichen dienen, andererseits aber nicht den Eindruck erwecken dürfen, "dass man seinen Jugendleitern misstraut", wie ein Delegierter es formulierte. Peck riet dazu, im Zweifelsfall ein Führungszeugnis zu verlangen, auch wenn ein solches alleine sexuelle Übergriffe nicht verhindern könne: "Absolute Sicherheit gibt es nicht, aber es geht darum, Zeichen zu setzen."

Um den Vereinen Entscheidungshilfen an die Hand zu geben, hat das Jugendamt Kriterien zusammengefasst. Ein großer Altersunterschied zwischen Betreuer und Kind könne ein Abhängigkeitsverhältnis schaffen, das einen Missbrauch begünstigt. Dies gelte auch bei Tätigkeiten, die von einem Gruppenleiter alleine vorgenommen werden oder die sich, wie beim Nachhilfeunterricht, nur auf ein einzelnes Kind beziehen.

Auch die regelmäßige Betreuung derselben Jugendlichen oder die Begleitung über einen längeren Zeitraum erhöhten das Gefährdungspotenzial. In diesen Fällen muss ein Führungszeugnis vorgelegt werden. Darin sind allein die Einträge relevant, die Sexualstraftaten betreffen. Andere Angaben müssten mit Verschwiegenheit behandelt werden, sagte Peck.

Die Frage eines Delegierten, ob man die Einsichtnahme auch an andere Personen übertragen könne, um als Vorstand nicht mit vertraulichen Inhalten konfrontiert zu werden, konnte Peck nicht abschließend beantworten. In einigen Nachbarlandkreisen werde überlegt, die Einsichtnahme an Gemeindeangestellte zu übertragen, "aber soweit sind wir hier noch nicht".

© SZ vom 28.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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