Milchpreise:Harte Zeiten im Kuhstall

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2012 war kein gutes Jahr für die Milchbauern im Oberland. Im Mai brachen die Preise ein. Jetzt verkaufen sie den Liter für etwa 35 Cent. Und hoffen, dass die Verbraucher seltener nach der Billigmilch im Kühlregal greifen.

Von Chiara Ettl

Die harten Zeiten für die Milchbauern sind noch nicht vorbei, sagt deren Kreisobmann Georg Reiter. Den Kühen im Stall - wie hier in Dietramszell - mag das egal sein. Doch halten können die Bauern sie oft nur mit anderen Geldquellen. (Foto: Claus Schunk +49 1716039668)

Die Verbraucher freuen sich über günstige Milch, es gibt viel davon in den Supermärkten - zu Billigpreisen. Der Bauer auf der anderen Seite kämpft um seine Existenz. Das Prinzip ist bekannt, die Konsequenzen wurden im Jahr 2009 aufgezeigt, als die Milchbauern auf die Barrikaden gingen. Viel besser geworden ist die Lage seitdem nicht für die Bauern. "Der Milchpreis ist im Moment nicht ganz schlecht, aber auch nicht gut", sagt Georg Reiter, Kreisvorsitzender des Bundes Deutscher Milchviehhalter (BDM), zur Lage der Milchbauern. Er liege für die meisten Bauern im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen zwischen 32 und 35 Cent pro Liter.

2012 war ein schlechtes Jahr für die Milchbauern. Wäre es ein Tauschhandelgeschäft gewesen, hätten die Milchbauern noch nie so wenig für einen Liter Milch bekommen, sagt Georg Reiter. Zwar sei der Preis auch in den Jahren vorher bereits öfter auf Tiefstand gesunken, doch seien da die Kosten niedriger gewesen. Für 2013 hat Reiter keine merkliche Hoffnung auf Besserung. "Es werden harte Zeiten."

Ende 2011 gab es im Landkreis noch 1200 Milchbauern. Vermutlich haben inzwischen weitere die Milchkanne an den Nagel gehängt. Nicht jeder gibt den Hof gleich auf. Einige schaffen das Milchvieh ab oder ein zweites Standbein dazu. "Allein vom Milchverkauf kann der Bauer nicht mehr leben", sagt Alois Graf, Vorsitzender der Milcherzeugergemeinschaft am Starnberger See aus Münsing. Es werden stetig mehr Betriebe stillgelegt.

Peter Fichtner, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes, nennt das "gewollte Strukturpolitik". Auch Bio-Betriebe, die im Landkreis etwa 15 Prozent ausmachen, sind davon betroffen. Sie bekommen für ihren Liter Milch zwar bis zu 42 Cent, müssen aber teures Kraftfutter kaufen und viele Auflagen erfüllen. Der Ertrag der Bauern sei auch geringer, da sie keine Pflanzenschutzmittel einsetzten dürfen. So käme für sie fast das gleiche heraus, sagt Fichtner.

Von einer, wenn auch nur leichten, positiven Preisentwicklung im Jahr 2013 geht dagegen Johannes Hütz aus, der leitende Landeswirtschaftsdirektor des Amts für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten. Der Preis für Bauern und Verbraucher werde sich weiterhin unterscheiden - je nach Molkerei und deren Produktsegment. Käse ist nach Aussage des Amts das umsatzstärkste Exporterzeugnis der bayerischen Ernährungswirtschaft, mit 1107 Millionen Euro. Es folgen Milch und Milcherzeugnisse mit 854 Millionen Euro, das ist ein Minus von nur einem Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In Deutschland dagegen sank der Verbraucherpreis für Deutsche Markenbutter im November 2012 im Vergleich zum vergangen Jahr um mehr als 17 Prozent.

Ein Schock waren laut dem Verband der Milcherzeuger Bayern die Ergebnisse der Verhandlungen über die Trinkmilchpreise im ersten Quartal des Jahres 2012. Erst nach sechs Monaten konnten sich die Molkereien gegen die Discounter durchsetzen, die Preise stiegen aufgrund der besseren Marktlage um bis zu neun Cent. Der Rohstoffmanager der Molkerei Alpenhain im Landkreis Rosenheim, die rund zehn Prozent ihrer Milch aus dem Landkreis beziehen, bezeichnet die Zeit Mitte Mai als sehr problematisch für die Bauern. Viel Milch habe es gegeben, die Bauern hätten kurzzeitig mit sehr niedrigen Auszahlungssummen auskommen müssen. Im Durchschnitt bekamen sie drei Cent pro Liter weniger als im Jahr 2011. Die Kosten für Futtermittel und Energie stiegen jedoch.

"Verbraucher wollen für Milch keine hohen Preise mehr bezahlen", klagt Fichtner. Konsumenten nutzten die günstigen Angebote, denn sparen müsse jeder. "Energiepreise steigen, Inflationsraten sind weit über dem Durchschnitt, nur die Milch wird billiger" - lange könne das nicht funktionieren. Auch wenn Käufer sich den Liter Milch für 60 Cent leisten könnten, werde der Liter für 30 Cent gekauft, solange er angeboten werde, sagt Fichtner.

Laut Bernhard Pointner, Geschäftsführer der Molkerei Berchtesgadener Land Chiemgau werden 80 Prozent der Milch in Deutschland zum Preiseinstieg - der entspricht dem Discounter-Preis - verkauft. 16 Prozent, der angelieferten Milch für seine Molkerei stammen aus dem Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Auch wenn Pointner von steigenden Milchpreisen im Interesse der Landwirte ausgeht, da die Nachfrage zu Beginn des Jahres gut war, bleibt sein Optimismus für das Jahr 2013 verhalten. Die Preisentwicklung hänge stark von dem konjunkturellen Verlauf und damit "von dem Verhalten der Kaufkraft ab".

© SZ vom 11.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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