Hohe Pegelstände:Wetter verwässert Flößern das Geschäft

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Eine ernüchternde Bilanz für die Flößer: Wegen der hohen Pegelstände an Isar und Loisach mussten viele Fahrten gestrichen werden.

Konstantin Kaip

Eine Woche vor Ende des Saison am Sonntag, 12. September, ziehen die Flößer eine ernüchternde Bilanz. Der verregnete Sommer hat ihnen zu schaffen gemacht wie lange nicht mehr: Vier Hochwasser mussten die Betriebe zwischen Mai und August auf Isar und Loisach verzeichnen. Isar-Flößer Michael Angermaier sieht im Sommer 2010 gar einen Negativrekord. "So etwas habe ich noch nicht erlebt", versichert der Wackersberger, der seit 42 Jahren seine Flöße an der Pupplinger Au zu Wasser lässt.

Jason Charles-Seitner aus Tobago arbeitet als Isar-Loisach-Schiffer für die Wolfrathshauser Flößerdynastie Seitner. (Foto: WOR)

Zwar will Angermaier vor dem offiziellen Saisonende keine abschließende Bilanz ziehen. Er schätzt jedoch, dass er aufgrund der vielen langanhaltenden Hochwasserperioden am Ende "auf alle Fälle 30 Prozent Verlust" machen werde. "Das ist schon bitter." Die Ausfälle seien einfach zu groß gewesen. "Wenn wir über der Pegelgrenze sind, ist das wie bei der Schifffahrt", erklärt Angermaier. "Die Leute bekommen in diesem Fall dann ihr Geld zurück, und wir schauen mit dem Ofenrohr ins Gebirge."

Auch die beiden Flößereibetriebe in Wolfratshausen rechnen mit einem guten Drittel an Ausfällen. Etwa 50 Floßfahrten habe er heuer streichen müssen, schätzt Josef Seitner, der seine Flöße an der Weidacher Hauptstraße in die Loisach lässt. "Der Sommer ist heuer einfach ein Extremsommer", sagt der Wolfratshauser. "Ich bin noch nie so oft nass geworden wie dieses Jahr." Durch den Dauerregen seien kurzfristige Buchungen "praktisch total ausgefallen". Vor allem aber habe die Nässe viele der lange gebuchten Floßfahrten zunichte gemacht. "Wir haben jeden Monat ein Hochwasser gehabt", so Seitners nüchterne Bilanz. "Das ist für eine Saison schon gewaltig."

Besonders zu schaffen macht den Betrieben, dass die Flüsse regelmäßig an den Wochenenden unpassierbar waren, also immer ausgerechnet dann, wenn die Flößer gewöhnlich ihr Hauptgeschäft machen.

So sind auch für Seitners Cousin Franz, der eine Flößerei mit Einstiegsstelle an der Sauerlacher Straße betreibt, wichtige Einnahmen unwiederbringlich verloren gegangen. Für die meisten Gruppen komme ein Ausweichtermin unter der Woche nicht in Frage, sagt seine Frau Rosemarie Seitner, die für die Buchungen zuständig ist. Und weil die darauffolgenden Wochenenden stets ausgebucht gewesen seien, habe sie viele Termine ersatzlos streichen müssen - bei 2000 Euro pro Gruppenfloßfahrt war dies ein sehr herber Verlust.

Schon der Saisonstart im Mai war durchwachsen. Die Flößereibetriebe klagten über schlechtes Wetter und ausbleibende Buchungen. Seitdem habe sie genau drei schöne Wochen mit Sommerwetter erlebt, sagt Rosemarie Seitner. Danach habe sich der Regen praktisch bis jetzt durchgezogen und eine Betriebsplanung unmöglich gemacht. "Wir mussten immer wieder von heute auf morgen absagen", berichtet die Wolfratshauserin.

Ende vergangener Woche waren die Flüsse noch immer unpassierbar. Obwohl der Regen in der Zwischenzeit etwas nachgelassen habe, werde das Hochwasser noch eine Weile anhalten, ist Angermaier überzeugt. Der Grundwasserspiegel sei nach wie vor sehr hoch, die Wiesen im Uferbereich vollgesogen wie Schwämme, sagt Angermaier. Außerdem habe der Sylvensteinspeicher gerade mehr als vier Meter Überstau und müsse langsam abgelassen werden. So könne es sein, dass er trotz sonnigen Wetters Floßfahrten absagen müsse. Wie oft er und seine Mitarbeiter in den verbleibenden Tagen noch auf die Isar könnten, sei daher kaum abzuschätzen. "Wir müssen jeden Tag auf den Wasserstand schauen", sagt Angermaier.

Josef Seitner hofft jetzt auf die Septembersonne. "Wir lassen den Kopf nicht hängen", übt sich der Flößer in Zuversicht. Nach Saisonende hat er dann zumindest einmal sichere Einnahmen: beim Verkauf der Flöße an ein Sägewerk. "Denen ist es schließlich egal, ob die Stämme dreißig- oder sechzigmal im Wasser waren".

© SZ vom 06.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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