Bad Tölz:Tourismus-Branche sieht Aufholbedarf

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Hotelzimmer verströmen den Charme der 70er Jahre, und Seilbahnen rattern mit alter Technik hoch auf die Berge. Eine neue CSU-Arbeitsgruppe will Defizite aufarbeiten und Visionen entwickeln, wie der im Oberland bedeutende Wirtschaftssektor besser florieren könnte.

Suse Bucher-Pinell

Tourismus ist für Martin Bachhuber einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren im Landkreis. Grund genug für den Landtagsabgeordneten und CSU-Kreisvorsitzenden, der Branche auch innerhalb seiner Partei einen angemessenen Stellenwert zu geben.

Seit Montagabend hat der Kreisverband nun auch eine Arbeitsgruppe Tourismus, die den Wirtschaftszweig kritisch begleiten und Visionen entwickeln soll. Gastgeber und Betreiber touristischer Einrichtungen machten in der Gründungsversammlung vor allem ihrem Ärger Luft über bürokratische Hürden und mangelnde politische Unterstützung.

Zunächst nahm der tourismuspolitische Sprecher der CSU-Landtagsfraktion, Klaus Stöttner, im Posthotel Hofherr in Königsdorf eine kritische Bestandsaufnahme vor. Während ein Gast in München pro Übernachtung 212 Euro ausgebe und in Ingolstadt 156 Euro, seien es im Landkreis lediglich 115 Euro. Es bestehe Aufholbedarf.

Wie auch bei den Bergbahnen, die hierzulande rund 25 Jahre auf dem Buckel hätten, in Tirol aber im Schnitt nur drei bis fünf Jahre alt seien. Auch das sei ein ungenutztes Potential. Denn wo Bergbahnen funktionierten, funktioniere auch der Tourismus im Tal und trage übers ganze Jahr zu einer "gigantischen Wertschöpfung" bei.

Immer noch gebe es Unterkünfte, die den Charme der 1970er Jahre ausstrahlten, und Vermieter, die mit ihren ausländischen Gästen kein Wort englisch oder italienisch sprechen könnten. Beides sei nicht dafür geeignet, dass der Gast sich heimisch fühlen könne. Gleichzeitig würden mangels geeigneter Nachfolger immer mehr Privatunterkünfte schließen.

Viel zu wenig unterstützt wird laut Stöttner die "Einstiegsbranche" Camping. "Wer als Jugendlicher gerne da war, kommt als Erwachsener zurück und bucht dann komfortablere Unterkünfte." Vom Tourismus insgesamt erwartet er in den nächsten Jahren das größte Branchenwachstum. Allerdings sieht er strukturelle Probleme, es existierten zu viele Organisationen mit zu wenig Budget und Ressourcen, die Tourismusstrukturen seien zudem politisch dominiert.

Über der Diskussionsrunde schwebte indes immer wieder das Vorbild Österreich. Der Tölzer Rehaklinik-Betreiber Ralph Munkert hält es für notwendig, den Wettbewerbsnachteil von 30 Prozent gegenüber dem Nachbarland auszugleichen, damit hierzulande investiert werde. "Die Bereitschaft dazu ist da", sagte er. Auch Hotelbesitzer Thomas Eberl (Bad Tölz) forderte, Investitionen zu fördern, ebenso wie Monika Poschenrieder, die Vorsitzende des Fachbereichs Gastronomie im Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband.

Sie denkt an Steuervergünstigungen für die Gastronomie, damit dort, wie nach der Senkung der Mehrwertsteuer in der Hotellerie bereits geschehen, modernisiert werden könne. Denn bei vielen Betrieben bestehe Investitionsstau. Über unüberwindbare bürokratische Hürden stöhnten Blombergbahn-Betreiber Hans Zintel und der Wirt der Tölzer Hütte, Hubert Walther.

Martin Ehrenhuber, CSU-Vorsitzender aus Münsing, warnte hingegen davor, die Tiroler einfach nur nachzuäffen. "So wird die Natur kaputt gemacht." Die Arbeitsgruppe jedenfalls kann loslegen. Genügend Ansatzpunkte hat sie jetzt.

© SZ vom 03.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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